Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 135. Sitzung / Seite 27

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von träumt, selbständig zu werden. Und unterschiedlich nach Hochschulen sind es 2 bis 4 Prozent der Hochschulabsolventen, die mit dem Gedanken der Selbständigkeit spielen. Das ist unser Problem Nummer eins. Wir müssen den Unternehmerdrall auch von oben, von der oberen Bildungsschicht bekommen.

Zweiter Punkt: Es wäre ein Fehler, in dieser Rede nicht auch über Insolvenzraten in Österreich zu reden. Jede wachsende und vor allem im Strukturwandel befindliche Wirtschaft muß Insolvenzen haben. Das Kommen und Gehen gehört zum Wirtschaftsmechanismus. Nur passieren viele Insolvenzen in Österreich deshalb, weil man schon immer mit zuwenig Kapital gewirtschaftet hat. Die Konkurse ohne Masse sind unser Menetekel in Österreich.

Eine hohe Insolvenzrate kann auch dadurch bedingt sein, daß etwa junge Leute zuviel riskiert haben. Dann heißt es aber, dieses Einmal-Scheitern ihm nicht ein Leben lang vorzuhalten, sondern ihn noch einmal probieren zu lassen (Abg. Dr. Ofner: Nicht kriminalisieren!), wenn keine bewußte Schädigung von Mitbewerbern oder Kunden passiert ist. Wenn wir mit diesen neuen Ansätzen in die Politik gehen, werden wir es leichter haben. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Einer der Schwerpunkte, die wir in unserer Präsidentschaft im Bereich der EU forcieren wollen, ist der Bereich der Klein- und Mittelbetriebe. Wir werden hiezu ein Seminar mit den für den Mittelstand zuständigen Ministern und internationalen Organisationen und Experten in Baden organisieren und darüber hinaus ein heute beginnendes, in diesen Tagen stattfindendes Seminar mit einschlägigen EU-Verantwortlichen über Tourismuspolitik veranstalten. Es geht einmal mehr darum, nicht über die Verlagerung von Kompetenzen zu reden, sondern darüber, welche Rahmenbedingungen wir brauchen. Wir erwarten uns etwa von dem Seminar in Baden betreffend den Mittelstandsbereich, daß wir klarmachen können, daß ein Europa der Konzerne nicht die Antwort auf die Frage der Beschäftigungspolitik wie auf die Frage etwa auch der Tourismuspolitik ist. Wichtig ist, daß der Großteil der Klein- und Mittelbetriebe, die Arbeitsplätze schaffen, Rahmenbedingungen vorfinden, mit denen sie besser leben können.

Es ist heute für mich eine der bedrückendsten Erfahrungen, daß viele Neuunternehmer nicht über die traditionellen Gebühren, die bei der Unternehmensgründung anfallen, klagen, sondern vom ersten Tag an sagen: Früher war ich ein guter Verkäufer, und jetzt muß ich plötzlich 20 Prozent oder mehr meiner Zeit in das Ausfüllen von Statistiken, komplizierte Lohnabrechnungen oder in andere diesbezügliche Dinge investieren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Daher müssen diese Dinge auf europäischer Ebene forciert werden – und das haben wir eingeleitet –, denn sie sind die Basis für Erfolge in diesem Bereich: Die bürokratischen Aufgaben müssen reduziert werden, weniger Statistiken würden mehr Information gewährleisten. Eine Vereinfachung aller Abrechnungsbereiche muß umgesetzt werden, auch jener Dinge, die man selbst vereinbart hat. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ein Problem stellt sich im Bereich der europäischen Wirtschaftspolitik schon: Wir haben den mächtigen ECOFIN-Ministerrat und den Euro-Elf-Ministerrat, und wir fragen uns, ob wir nicht in anderen Bereichen zu viele Ministerräte haben. Daher habe ich in meiner Präsidentschaft im Binnenmarkt- wie im Industrieministerrat vorgeschlagen, zu überlegen, diese beiden Ministerräte gemeinsam zur Tagesordnung "Standort Europa" tagen zu lassen und uns in einen Leistungswettbewerb der Ideen mit unseren Freunden, den Finanzministern, zu begeben. Das könnte eine Belebung der ideellen Auseinandersetzung werden, wenn wir uns nicht gegenseitig in denselben Ministerräten auf den Wecker gehen sollen.

Meine Damen und Herren! Noch eine kurze Bemerkung zum Tourismus. Wir haben in diesem Bereich in Europa eine eindeutige Trendumkehr. Aber das ändert nichts daran, daß der wichtigste Punkt für eine dauerhaft bessere Entwicklung in Europa selbst die Verbesserung der Urlaubsfähigkeit der europäischen Bürger ist. Daher sind die Nationalen Aktionspläne im innersten Kern auch ein Programm zur Förderung des Tourismus in Europa. Daher ist auch aus dieser Sicht darauf Wert zu legen. In Österreich selbst zeigen die Prognosen, daß wir wieder mit stei


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