Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 135. Sitzung / Seite 54

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er, wäre er hier, tatsächlich zuhören und vielleicht sogar das eine oder andere mitnehmen würde.

Er hat von der Langsamkeit der österreichischen Politik gesprochen und diese gelobt. – Jetzt sage ich Ihnen: Das ist für sich genommen eine Leerformel. Es gibt Problemfelder, bei denen Langsamkeit ein guter Ansatz ist; "Behutsamkeit" wäre vielleicht das sympathischere Wort. (Abg. Tichy-Schreder: Richtig!) Aber es gibt auch Bereiche, in denen Langsamkeit eine Ausrede ist, wie zum Beispiel bei der Steuerreformproblematik. Es ist ja keineswegs so, daß das, was jetzt allgemein gefordert wird, nämlich eine strukturelle Steuerreform mit Senkungstendenz, mit starker Signalwirkung, etwas ganz Neues wäre, das nun schnell kommen muß und "überhudelt" begehrt wird.

Die Steuerreformkommission gibt es schon länger, sie wurde nicht erst gestern eingerichtet. Die Forderung beispielsweise nach der ökologischen Steuerreform hat mindestens zehn Jahre auf dem Buckel. Der Anspruch, Lohnnebenkosten zu senken, wurde nicht erst gestern neu in die Diskussion eingebracht. Und diese Langsamkeit des Nichtstuns ist eine gefährliche Langsamkeit. Auch wenn von der Regierungsbank aus zu hören war, daß viele Gespräche laufen, kann ich dazu nur sagen: Hoffentlich laufen Gespräche, aber bitte mit welchen Ergebnissen – und wann?! Das ist eine zentrale Frage. Etwas sollten wir in den letzten Jahren gelernt haben: Das Motto im Wettbewerb lautet nicht so sehr "groß gegen klein", sondern "schnell gegen langsam". (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Tichy-Schreder: Das hat Vizekanzler Schüssel vor Jahren gesagt!)

Wenn man im Rahmen der Infrastrukturprobleme und der Voraussetzungen für das Wirtschaften – was auch gelegentlich als die Qualität des Wirtschaftsstandortes bezeichnet wird – zu langsam ist – die These der Opposition und der Liberalen ist, daß wir zu langsam sind –, dann ist das schlecht für den gemeinsamen Erfolg. Langsamkeit für sich kann kein Selbstzweck sein, auch wenn das zugegebenermaßen ein Wesensmerkmal der Art und Weise ist, wie in Österreich teilweise Probleme gelöst werden.

Da Sie das Wort "Langsamkeit", Herr Bundesminister Edlinger – er ist leider immer noch nicht zurückgekehrt –, als so positiv betont haben, möchte ich schon sagen, daß der Nationale Aktionsplan zur Beschäftigung diese Langsamkeit bereits enthält. Er enthält nämlich keine überprüfbaren Zwischenziele. Das heißt, man hat von vornherein den Plan so angelegt, daß sich bestenfalls am Ende der fünfjährigen Planungsperiode herausstellen wird, ob die Ziele erreicht wurden oder nicht. Das ist ein Beweis dafür, daß Sie gar nicht vorhaben, ihn zu evaluieren. Sie haben ihn daher so formuliert, daß er gar nicht evaluiert werden kann. Und das macht man dann, wenn Langsamkeit das Prinzip der Politik ist. Auf diese Art und Weise ist man nämlich auf dem Weg zur sogenannten Zielerreichung – frei von der Gefahr, ertappt zu werden, daß man zu langsam ist, daß man das Ziel noch nicht wirklich erreicht hat. Das ist unterwegs ohnedies nicht zu erwarten, aber daß man nicht einmal ein Zwischenziel erreichen wird, ist bedauerlich. Das liegt dann auf dem Tisch und ist der Beweis für Langsamkeit, aber nicht für Geschwindigkeit. Wenn Sie das vermeiden wollen, müssen Sie andere Pläne vorlegen.

Die Steuersenkungsproblematik hat mehrere Aspekte, und ich werde hier die sozialen vorbringen. Es geht auch um die Massenkaufkraft, es geht auch um eine Art von Sozialpolitik, bei der der einzelne aus dem ihm verbleibenden Resteinkommen, das nach der Besteuerung "Nettoeinkommen" heißt, tatsächlich nicht noch zusätzlich auf Transfers angewiesen sein muß. Der eleganteste Transfer ist nämlich das Geld, das den Menschen gelassen und ihnen nicht vorher weggenommen wird. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Überall dort, wo das möglich ist, sollte dies das erste Ziel sein; das heißt nicht, daß man nicht dort, wo es notwendig ist, selbstverständlich noch Transfers geben soll. Warum, glauben Sie, haben wir Liberale ein Grundsicherungsmodell vorgelegt, bei dem die sozialen Transfers ein Teilelement der Steuern bilden? Und warum verweigern Sie darüber die Diskussion?

Damit wäre aus unserer Sicht die Möglichkeit gegeben, daß eben mit hoher Treffsicherheit die existentielle Basis für jedermann und jede Frau in diesem Land mit Sicherheit gewährleistet wäre. Als Teilelement von Steuern ist es eine Strukturlösung, die, wie ich meine, wirklich diskussionstauglich ist und daher auch diskutiert werden sollte.


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