Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 135. Sitzung / Seite 114

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

in den Geschichtsbüchern Österreichs stünde, wenn damals in Schweden und in anderen Ländern solch eine Haltung geherrscht hätte, wie sie offenbar mittlerweile salonfähig geworden ist.

Herr Bundesminister, zu Ihren eigenen Worten: Sie sagen, Sie erfassen die Flüchtlinge, die Asylwerberinnen und -werber nicht nach ihrer ethnischen Zugehörigkeit, sondern nach ihrem Reisepaß, und Sie könnten uns nur die Zahlen der unter Anführungszeichen "Serbinnen und Serben" nennen, die abgeschoben oder zurückgewiesen worden sind. Ich frage Sie aber: Wie wollen Sie dann Ihrem eben geäußerten Anspruch genügen, über bestimmte Fälle eine Entscheidung zu treffen?

Ich weiß nicht, warum die Caritas, die Sie sicherlich nicht ohne Grund kritisiert, ich weiß nicht, warum der UNHCR, Amnesty International oder auch die Bürgerliste der Grünen in Salzburg eher als Sie mit Ihrem ganzen Behördenapparat in der Lage sind, derartige Feststellungen zu treffen. Ich gebe Ihnen gerne diese Listen, die wir aus Salzburg und aus Wien haben. Demnach sind in Salzburg per 15. Juni jedenfalls 36 Kosovo-Albaner – keine weltbewegende Zahl, nichts, was den Wohlstand, die innere Sicherheit oder irgend etwas gefährden könnte –, 36 Menschen, die in bitterster Not und Verzweiflung sind, 36 Kosovo-Albaner in Salzburg in Schubhaft. Ich gebe Ihnen dann gleich die Namen. Vielleicht können Sie das doch mit Ihrem Behördenapparat überprüfen. Ich glaube, Sie wären aufgrund des Gesetzes dazu verpflichtet. Es sind weitere 16 Personen angeführt, bei denen diese Überprüfung noch nicht durchgeführt werden konnte, wo es aber aufgrund des Namens wahrscheinlich ist, daß sie Kosovo-Albaner sind.

Ich weiß nicht, warum Sie das nicht feststellen können, Herr Bundesminister, wenn es die NGOs, wenn es die Caritas oder Amnesty können. Ich denke, Sie sollten dies tun – bei jenen Menschen, die in Wien und in anderen Schubhaftgefängnissen sitzen. (Die Rednerin reicht Bundesminister Mag. Schlögl eine Liste.)

Herr Bundesminister! Niemand von den Grünen hat irgendein Land, geschweige denn Ungarn, generell angegriffen, kritisiert oder geächtet. Im Gegenteil, Herr Bundesminister: Wir plädieren massiv dafür, endlich den Reformstaaten, die ja alle immer noch dabei sind, sich von einem bitteren politischen und ökonomischen Los zu befreien, mehr Hilfe zu geben. Es geht nicht darum, ein Land zu verurteilen – das ist eine demagogische Verdrehung der Ausführungen meiner Kollegin Stoisits –, sondern es gilt, wie Sie gesagt haben, im Einzelfall festzustellen, was mit einer bestimmten Person in Ungarn passieren könnte.

Herr Bundesminister, ich weiß nicht, warum es so lange dauert, einen sehr klaren Bericht zu überprüfen. Ihre Behörden sind schneller, wenn es darum geht, Menschen aus dem Lande zu bringen. Ich weiß nicht, was so schwer daran ist, einen Bericht zu überprüfen, wonach ein Kosovo-Albaner, der bereits seine Füße auf österreichischem Boden hatte, dem man hier an der Grenze mitgeteilt hat, es gibt kein Asyl an der Grenze, und der nach Ungarn zurückgeschoben worden ist, von dort postwendend in Handschellen der serbischen Polizei übergeben worden ist und dann in Serbien zuerst mit Fäusten, danach mit Lederschläuchen, die mit Sand gefüllt waren, traktiert wurde, so lange geschlagen wurde, bis er bewußtlos war, dann mit Wasser wieder aufgeweckt und beschimpft und gedemütigt wurde und so fort.

Sie haben einmal gesagt: Zeigen Sie uns einen einzigen Fall, an dem Sie das dokumentieren können, und wir werden keine Menschen mehr nach Ungarn abschieben! – Nun ist dieser Fall da. Ich frage Sie: Werden heute, morgen irgendwelche Menschen nach Ungarn abgeschoben, oder ist das zumindest so lange sistiert, bis dieser Fall überprüft ist? Wie überprüfen Sie die anderen Fälle? Wie helfen Sie jetzt den Ungarn, die mit ihren Belastungen so wie Slowenien, so wie Kroatien, so wie viele andere Staaten sicherlich schwerer fertigwerden als Österreich? Wie helfen Sie diesen Staaten heute, morgen, hier?

Herr Bundesminister! Es muß für einen Ressortchef, der einen großen Behördenapparat hat und über viel mehr Möglichkeiten verfügt als amnesty international oder die Caritas, doch leicht sein, diesen Vorfall zu überprüfen. Vor allem: Da kann es um Stunden gehen, die über Menschenleben entscheiden. Und ich sage: Im Zweifel soll so entschieden werden, daß das Leben


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite