Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 135. Sitzung / Seite 120

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Was schreiben Sie in Ihrer Anfrage als Begründung dafür, daß Ungarn kein sicheres Land sei? – In Frage Nummer 5 heißt es: "Kann bei einer Unterbringung von Personen unter den unmenschlichen und erniedrigenden Zuständen wie in Györ überhaupt von einem sicheren Drittland gesprochen werden?" (Abg. Wabl: Kennen Sie den Brief des UNHCR?)

Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" beschreibt in ihrem Bericht vom 30. Mai 1998 die dortigen Zustände, das ist richtig. Aber Sie haben auch da manipulativ zitiert. Sie haben nämlich nicht so zitiert, wie die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" tatsächlich schreibt, sondern Sie haben Weglassungen vorgenommen.

Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" berichtet, daß das Lager momentan durch den starken Zustrom logistisch überfordert ist. Aber wenn Sie sagen, daß die Leute dort nicht leben können, weil die Toiletten kaputt sind und die ungarischen Installateure sich weigern, sie zu richten, dann ist das manipulativ zitiert. Denn in dem Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" steht, daß die Installateure sich weigern, die Toiletten zu richten, weil sie nicht gesäubert werden. Und gesäubert werden sie nicht, weil sich die Insassen weigern, sie zu säubern. Sie wollen sie nämlich von anderen gesäubert haben; so die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" wörtlich. – Sehen Sie, das ist auch etwas, was man nicht tun soll: Man soll nicht mit Halbwahrheiten ein Land beschuldigen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich möchte eines feststellen: Österreich wird und die Regierungsparteien werden weiterhin zur Anerkennung des Asylrechtes stehen, auch zu einer menschlichen Behandlung der Kriegsflüchtlinge, aber vor allem zur Hilfe vor Ort. Wir werden uns dafür einsetzen, daß wir diesmal nicht wieder zu spät den Druck ausüben, der verhindert, daß es zu Massenfluchtbewegungen kommt und daß es zu Greueltaten wie in Bosnien kommt.

Eines muß ich dem hinzufügen: Es muß klar sein – wir können das auch nicht zulassen –, daß es sich niemand wird aussuchen können, wo er als Asylant hingeht. Das wird nicht möglich sein, und das werden Sie auch nicht durch die Unterstellung, daß Ungarn kein sicheres Drittland sei, erreichen können! (Beifall bei der ÖVP.)

16.27

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. Gleiche Redezeit. – Bitte.

16.27

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Was jetzt passiert – eine Flüchtlingsbewegung ähnlich jener, die wir schon gehabt haben, damals allerdings aus Bosnien –, hat sich schon lange abgezeichnet.

Herr Minister! Ich kann mich erinnern, daß ich Sie vor einigen Wochen – vielleicht ist es auch schon zwei Monate her – in einer Sitzung des Innenausschusses gefragt habe, was Sie für den Fall planen, daß eine ebensolche Flüchtlingswelle wie aus Bosnien auf uns zukommt. Es war, wie gesagt, leicht vorauszusehen, was passieren wird, wenn man nur ein bißchen die Zeitungen gelesen hat. Damals haben Sie mir versichert: Es wird keine solche zweite Welle geben, weil Sie sich bemühen werden, einen europäischen Lastenausgleich herbeizuführen. Nun haben wir zwar den EU-Gipfel in Österreich, aber wir haben noch immer keinen Lastenausgleich, sehr geehrter Herr Innenminister!

Jetzt sind die Flüchtlinge da, und wir stehen dieser Situation praktisch hilflos gegenüber. Wir haben gesehen, daß sich die Flüchtlingsanzahl gegenüber dem Vorjahr schon verstärkt hat. 4 600 Flüchtlinge sind es in den ersten paar Monaten 1998 bereits gewesen.

Herr Minister! Ich kann mir angesichts der großzügigen Behandlung, die wir 90 000 Bosniern zugestanden haben, nicht vorstellen, daß es zu einem internationalen Lastenausgleich kommen wird. Denn jeder in Europa wird sich denken, daß die Österreicher neue Flüchtlinge förmlich brauchen, denn sonst würden sie nicht 90 000 Menschen, die eigentlich als Flüchtlinge gekommen sind, ein Niederlassungsrecht geben. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Jäger: Wieso 90 000?)


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