Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 135. Sitzung / Seite 125

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oder nicht. Das Problem werden wir nur dann lösen können, wenn wir uns an der Wurzel, also im Kosovo selbst, bemühen, den Konflikt möglichst zu deeskalieren, sodaß die Fluchtgründe wegfallen – das wäre das wunderbarste, wenn es schnell gelingt –, und sollte das nicht ganz so erfolgreich sein und sollten daher Flüchtlinge kommen, diese dann europäisch solidarisch von allen europäischen Staaten, die eben nicht in der mißlichen Lage des Kosovo sind, als Kriegsflüchtlinge behandelt und aufgenommen werden.

Wenn Sie, Herr Bundesminister, tatsächlich diesen unseren Vorschlag, den wir ja schon öffentlich gemacht haben, im Rahmen der österreichischen Ratspräsidentschaft in der EU ernsthaft aufgreifen, dann würden Sie ein doppeltes Signal setzen: a) daß wir eben nicht an den EU-Außengrenzen einfach haltmachen mit der Humanität und b) daß wir die Beitrittskandidaten in jeder Hinsicht ernst nehmen und unabhängig vom Stadium der Beitrittsverhandlungen sagen: In dieser Frage gibt es kein: Erst wenn ihr beigetreten seid!, sondern in dieser Frage muß es ein Sofort geben. Und das wäre dann immerhin befriedigend. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

16.47

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. Ich erteile ihr das Wort.

16.47

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Keine Frage, es ist sehr verständlich, daß Sie für Ihr Asylgesetz hier eine Bresche schlagen, daß Sie hier die Vorteile, das Herausragende, das im internationalen Vergleich durchaus Bestechende des österreichischen Asylgesetzes erwähnen. Das ist Ihr Recht, und da können Sie eventuell als Einäugiger unter Blinden in Europa reüssieren. Aber auf der anderen Seite ist es umso unverständlicher und umso bedenklicher für mich, daß Sie die Vorbehalte, die Kritik, die bereits bei den Verhandlungen laut wurde und jetzt im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes ihre Bestätigung findet, im Ausschuß ignoriert haben. Sie sind durch dieses Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes in Ihrer Darstellung des Asylgesetzes ja auch etwas blamiert. – Diese Diskrepanz zum ersten.

Zum zweiten: Es ist durchaus verständlich, Herr Minister, daß Sie für eine Solidargemeinschaft in Europa plädieren, daß Sie dafür eintreten, daß es in der Frage der Menschenrechte und auch in der Frage des Asylrechtes und in der Frage der Hilfe für Flüchtlinge, für Verfolgte, für Asylwerber einen gemeinsamen Lastenausgleich gibt. Das alles ist verständlich, und es ist notwendig. Ich bin froh, daß Sie sich dafür einsetzen, und ich wäre erfreut darüber, wenn das, wie auch mein Vorredner bereits erwähnte, ein primäres Anliegen der österreichischen EU-Präsidentschaft werden würde: europäische Solidarität, europäische Humanität, vorgelebt an Beispielen, an Einzelbeispielen. Keine Frage, das ist verständlich, und da muß Österreich eine Vorreiterrolle spielen.

Auf der anderen Seite ist es für mich unverständlich, daß man gleichzeitig irgendwie ins Spiel bringt: Es könnte durchaus auch nach dem Florianiprinzip gehandhabt werden. Wir waren herausragend, wir waren hervorragend im Zuge des Bosnien-Konflikts. Wir haben sehr offensiv gehandelt, wir haben vielen Leuten geholfen. Wir haben, glaube ich, 90 000 Bosnien-Flüchtlinge versorgt mit Wohnung, mit Nahrung, ihnen auch die Chance gegeben, sich neue Existenzen aufzubauen. Aber jetzt ist es genug. Jetzt sollen sich – so nach dem Florianiprinzip – einmal die Staaten der EU bemühen, jetzt sollen einmal England, Deutschland, Frankreich und so weiter Millionen hineinbuttern, da wir bereits Vorleistungen erbracht haben.

Ich glaube, es ist nach wie vor notwendig, als Pförtner vor dem Tor der Beitrittsstaaten im Osten die europäische Solidarität nicht nur einzumahnen, sondern auch selber vorzuleben. Wir müssen nach wie vor – das ist unser mitteleuropäisches Schicksal – die Pförtnerrolle, die Pilotprojektrolle spielen, wir müssen die Vorreiterrolle offensiv angehen.

Herr Minister! Ich finde es durchaus lobenswert, daß Sie versichert haben, Einzelfallprüfungen durchzuführen. Keine Frage, das ist notwendig. Aber was Ihre Behörden in Einzelfällen bereits entschieden haben, ist höchst verurteilenswert. Ich habe mir nur drei Beispiele herausgesucht:


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