Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 137. Sitzung / Seite 18

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glaube, daß es wichtig ist, zu betonen: Wir stellen den Antrag, entscheiden wird jedoch ein unabhängiges Gericht! Das ist richtig so. (Beifall bei der ÖVP.)

Sehr viele Mitbürger fragen sich: Warum ist dieser Abgeordnete eigentlich noch Abgeordneter? Warum dauert all das so lange? Er ist doch geflohen! Die Beschuldigungen sind sehr massiv. In der eigenen Partei, in deren Spitzengremien er vertreten war, bezeichnet man ihn als einen Gauner. Die FPÖ bezeichnet ja Herrn Rosenstingl als einen Gauner! Da fragen sich die Menschen: Warum ist er noch Abgeordneter? (Abg. Böhacker: Sagen Sie keine Halbwahrheiten!) Dann haben Sie gesagt, er sei ein mutmaßlicher Gauner!

Ich habe im Protokoll gelesen, daß gesagt wurde, Herr Rosenstingl sei ein ganz gewöhnlicher Gauner. (Abg. Mag. Stadler: Ein ganz ordinärer Gauner!) Ich persönlich möchte derartige Behauptungen von hier aus nicht treffen, denn bevor ein Gericht darüber nicht entschieden hat, gilt er als unschuldig! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Ein Gauner ist er trotzdem!)

Meine Damen und Herren! Warum muß ein dermaßen mühsames Verfahren durchgeführt werden? – Diese Regelung besteht deswegen, damit einem Abgeordneten nicht willkürlich das Mandat aberkannt werden kann. Denn es kann ja andere Zeiten geben, in welchen keine demokratische Regierung dieses Land beherrscht, und dann könnte jemandem willkürlich das Mandat aberkannt werden. Daher müssen wir jeden einzelnen Fall aufgrund der Umstände beurteilen und klarstellen, daß nicht jede Auslieferungshaft und nicht jede Untersuchungshaft Grund dafür ist, daß jemandem ein Mandat aberkannt wird, sondern daß die Summe der Umstände in jedem einzelnen Fall ausschlaggebend ist. – Im vorliegenden, konkreten Fall begründen sehr konkrete Hinweise den Tatverdacht: wahrscheinlich Flucht ins Ausland und keine Rückkehr, als er entdeckt wurde und die Möglichkeit hatte, zurückzukommen. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Es muß die Öffentlichkeit wissen: Bevor Rosenstingl in Auslieferungshaft kam, hat man ihn gefragt: Wollen Sie freiwillig nach Österreich zurück? Er hat gesagt: Nein! Erst dann ist die Haft verhängt worden. Damit ist alles Weitere auf sein eigenes Konto zu buchen, und ich glaube, daß damit auch keine Rechtfertigung seiner Entschuldigung vorliegt.

Ich wiederhole: Wir müssen jeden einzelnen Fall sorgfältig prüfen. Ich glaube, daß beispielsweise eine Untersuchungshaft in Österreich kein Grund dafür wäre, jemandem das Mandat abzuerkennen. Es kommt stets auf die herrschenden Umstände an.

In diesem Fall können wir, wie ich meine, sagen, daß wir sehr sorgfältig vorgegangen sind und die Umstände des Falles Rosenstingl genau geprüft haben. Wir sind auf die Einwände seines rechtskundigen Vertreters – Herr Rosenstingl war durch einen Rechtsanwalt vertreten – eingegangen, wir haben sämtliche Briefe genau gelesen, allen Abgeordneten zugestellt und in der Präsidialkonferenz erörtert. Die Antragsteller haben genau begründet, warum Rosenstingl das Mandat abzuerkennen sei. Ich meine, daß der Antrag sehr wohl begründet ist, und die Volkspartei wird natürlich zustimmen.

Der Fall Rosenstingl hat allerdings weitergehende Dimensionen: Rosenstingl war Klubkassier der Freiheitlichen Partei Österreichs, und es stellt sich in diesem Zusammenhang natürlich die Frage, ob man so einfach sagen kann: Er ist ein Gauner, wir schließen ihn aus, wir waschen unsere Hände in Unschuld und haben damit nichts mehr zu tun! Es stellt sich die Frage, ob die entsprechende Sorgfalt bei der Auswahl und bei der Kontrolle dieses Funktionärs gegeben war und ob die FPÖ jene strengen Maßstäbe, mit denen sie alle anderen unerbittlich mißt – die Regierung, andere Parteien, die Verwaltung –, an sich selbst angelegt hat. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das Ausmaß der Verstrickung der Spitze der Freiheitlichen Partei Österreichs und der FPÖ Niederösterreich ist noch unklar. Auch diesbezüglich gilt die Unschuldsvermutung. Aber vieles spricht dafür, daß die Behauptungen richtig sind, daß da planmäßig vertuscht wurde. Es ist abzuwarten, was die Gerichtsverfahren diesbezüglich erbringen.


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