Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 137. Sitzung / Seite 22

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Er redet davon – und macht das lächerlich –, wo denn eigentlich der Unterschied gelegen sei zwischen der Haft im In- und im Ausland.

Da muß ich sagen: Ich gestehe ihm als einem Nichtjuristen zu, sich dabei nicht auszukennen, aber bevor man eine solche Entscheidung trifft, sollte man sich klug machen oder zumindest ein wenig kundig machen, damit man – nach seiner Meinung jedenfalls – sachkundig entscheiden kann.

Aber wissen Sie, was er gesagt hat? – Er hat gesagt, darum ginge es ihm ja gar nicht, es sei ihm ja gar nicht wichtig, welche sachgerechte Entscheidung hier getroffen werden könnte, sondern es würde die FPÖ entscheiden aus rein – das hat er nicht ausgesprochen – taktischen Gründen. Gesagt hat er, die FPÖ stimme deswegen zu, damit man ihr nicht unterstellen könne, daß ... – Das heißt, er hat hier expressis verbis von diesem Rednerpult aus zugegeben: eine taktische Entscheidung statt einer sachgerechten Entscheidung zu treffen, und das in einer Frage, die eine der brisantesten für das Parlament insofern ist, als die Aberkennung des Mandats für einen Abgeordneten wirklich ins Mark des Parlamentarismus geht.

In Anbetracht dessen stellt sich ein Abgeordneter her und sagt: Wir machen eine taktische Entscheidung, denn wir lassen uns nichts unterstellen! Sachgerechtigkeit? – Brauche ich nicht! Ich kenne mich als Nichtjurist nicht aus, aber das macht nichts, denn ich entscheide ohnehin nicht nach sachgerechten Überlegungen, sondern nach taktischen!

Also einen klareren Offenbarungseid – wie leider auch der genannte Jurist in der "Presse" unterstellt hat –, daß es da um Parteitaktik geht – allerdings um eine andere, als er den anderen vorgeworfen hat –, konnte man nicht erbringen.

Daß jemand, der das hier von sich und seiner Fraktion zugibt, die Stirn hat, anderen taktisches Verhalten zu unterstellen, ist mir unbegreiflich, aber die Spielregeln dieser Partei und der jeweiligen Abgeordneten sind einen eigenen Weg gegangen. Daher ist es für mich eigentlich, muß ich auf der anderen Seite wieder sagen, nicht einmal mehr unverständlich.

Ich möchte mich aber jetzt mit der Frage auseinandersetzen, warum die Liberalen diesem Antrag nicht nur im Hauptausschuß zugestimmt haben, sondern ihm auch jetzt im Plenum zustimmen werden. Da habe ich einige Differenzierungen auch bei den Kollegen Kostelka und Khol anzubringen, aber das ist ein Nebengleis, mir scheint es allerdings wesentlich zu sein, das in einer solchen Debatte festzuhalten.

Erstens: Das Verfahren beginnt zu laufen – ich sage es vielleicht mehr für das Protokoll und für einige andere, die außer den Abgeordneten zuhören, oder für solche, die darüber noch nicht nachgedacht haben –, wenn jemand unentschuldigt beziehungsweise ohne triftige Entschuldigung fehlt. Das heißt, nachdem wir festgestellt hatten, und zwar nach einer Dauer von 30 Tagen, daß der Abgeordnete nicht da war, mußte das Parlament – und das ist bereits vor 30 Tagen geschehen – darüber befinden, ob eine Entschuldigung vorliegt beziehungsweise ob die Gründe bei Vorliegen einer Entschuldigung triftig sind.

Es hat kurz vor Ablauf der 30-Tage-Frist der Anwalt des Abgeordneten Rosenstingl geschrieben und hat die Entschuldigung damit begründet, daß sich der Abgeordnete in Haft befände, daß er aber nichts dafür könne, daß er nicht in Fluchtabsichten das Land verlassen habe und jetzt einzig durch die Auslieferungshaft verhindert sei, an Parlamentssitzungen teilzunehmen, und daß er keine Gelegenheit habe, diesen Zustand zu ändern.

Was aber der Herr Dr. Zanger verabsäumt hat, mitzuteilen – und das bedauere ich sehr, weil ich ihn sonst als Anwalt schätze –, war, daß im Vorfeld dieser Verhaftung für die Auslieferungshaft dem Abgeordneten Rosenstingl freigestellt wurde, nach Österreich zurückzukehren. Wir haben das zu diesem Zeitpunkt zugegebenermaßen in erster Linie aus den Medien erfahren, und wir haben daher – und ich erwähne das deshalb, weil es für das Abstimmungsverhalten der Liberalen ausschlaggebend ist, wobei ich sagen möchte, daß wir diese Sache sehr ernst nehmen – der Aufforderung, die nach 30 Tagen Abwesenheit zu erfolgen hat, deswegen zugestimmt, weil wir uns folgendes überlegt haben: Sollte sich in den nächsten 30 Tagen, die nun ablaufen


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