Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 159. Sitzung / 42

Der vom Bundeskanzler aktivierte Krisenstab wird umfassende Vorsorge- und Hilfemaßnahmen treffen.

Ich darf nun zum Thema kommen: Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ich bin von verschiedensten Wirtschaftskreisen, Interessenverbänden, von Regional- wie Bundespolitikern in der letzten Zeit wiederholt aufgefordert worden, dämpfend und gestaltend in die Preispolitik der österreichischen Mineralölwirtschaft einzugreifen. Ich habe in diesem Zusammenhang immer wieder darauf verwiesen, daß im Hinblick auf die Wettbewerbssituation die Anwendung des bestehenden kartellrechtlichen Mißbrauchsaufsichtsverfahrens zweckmäßig sei.

Nach der aufgrund einer vom Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten veranlaßten Studie über den österreichischen Treibstoffmarkt stehe ich nicht an, vorweg zu erklären:

Erstens: Im österreichischen Markt für Treibstoffe gibt es ein erhebliches Wettbewerbsdefizit.

Zweitens: Die Nettopreise für Treibstoffe sind überhöht und müssen unter den gegebenen Umständen gesenkt werden. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Eine Reduktion der Treibstoffpreise ist eine Maßnahme, von der vor allem Pendler, Reisende und transportintensive Wirtschaftszweige, insgesamt über die inflationssenkenden Auswirkungen aber alle Staatsbürger Nutzen haben.

Drittens: Im Zuge der gegenwärtigen Auseinandersetzung wird es auch darum gehen, künftig den Einsatz von Biosprit und Biodiesel zu forcieren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Die Endverbraucherpreise für Mineralölprodukte, insbesondere jene für Fahrbenzine und Dieselkraftstoff, waren seit jeher eine politisch sensible Materie. In der Nachkriegszeit und bis weit in die letzten Jahrzehnte waren diese bedeutenden Energieträger Gegenstand der amtlichen Preisregelung, aus der sie erst am Beginn der achtziger Jahre entlassen wurden. Im Zuge der Deregulierungsbestimmungen auf Sozialpartnerebene wurde auch die Kontrolle im Bereich der Paritätischen Kommission zurückgenommen. In der Öffentlichkeit besteht aber weithin der Eindruck, daß der Benzinpreis von der öffentlichen Hand, dem Staat oder der Politik zu bestimmen sei. Gestatten Sie mir in diesem Zusammenhang einige Klarstellungen.

Wir wissen über diesen Wirtschaftsbereich aus der jahrzehntelangen Erfahrung der Preisregelung hinreichend Bescheid, allerdings sind die vor allem auf Wettbewerbserscheinungen abgestellten neuen Vorschriften des Preisgesetzes bisher nicht hinreichend exploriert worden.

Ich verweise darauf, daß der Wirtschaftspolitik im gegenständlichen Fall drei Optionen zur Verfügung standen und stehen:

Erstens: die Anwendung des Kartellgesetzes.

Zweitens: die Ergreifung marktkonformer Maßnahmen, um den Wettbewerb zu stärken. – Das können eine erhöhte Transparenz, aber auch generelle Änderungen der Rahmenbedingungen, auf die ich später noch kurz zu sprechen komme, sein.

Drittens – das liegt mir persönlich am wenigsten, um es offen zu sagen –: die Rückkehr zur amtlichen Preisregelung.

Dazu ist festzuhalten:

Erstens: Gegen den Mißbrauch einer marktbeherrschenden Stellung können in Österreich vor allem die Amtsparteien – das sind die Finanzprokuratur und Kammern – tätig werden. Diese sind jedoch nicht tätig geworden. Ich gebe zu, daß die Beweislage, wie wir jetzt anhand dieser Studie sehen, für normal juristisch Gebildete außerordentlich kompliziert ist und lange Verfahren wahrscheinlich das Ergebnis gewesen wären.


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