Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 159. Sitzung / 57

Wenn Sie sich dann noch die Mühe machen, auszusteigen und den Tankstellenpächter – freundlich, so wie ich das mache – zu fragen, ob das nicht eigenartig ist, daß überall 11,03 S steht, bekommen Sie zur Antwort: Wissen Sie, ich kann mir nicht helfen, Herr Abgeordneter, das wird mir von der Zentrale vorgeschrieben, aber sagen Sie ja nichts, sonst bin ich meine Konzession los! 

Drittens werden Sie, wenn Sie weiter mit wachen Augen durchs Land fahren, folgendes feststellen: Sollten Sie oder Ihr Chauffeur eine freie Tankstelle, die es ja nur so oft wie die berühmte Stecknadel im Heuhaufen gibt, ausfindig machen, dann können Sie eine Preisdifferenz – ich habe das selber notiert – bis zu 90 Groschen feststellen! Bis zu 90 Groschen können Sie sich pro Liter ersparen. Bei einem 50-Liter-Tank macht das immerhin einen runden Fünfziger aus. Aber Sie werden dann interessanterweise noch etwas feststellen, nämlich daß komischerweise in der näheren Umgebung dieser freien Tankstelle, bei der der Liter um 90 Groschen billiger ist, plötzlich auch bei der OMV-Tankstelle, bei der ESSO-Tankstelle, bei der BP-Tankstelle nur jener Preis verlangt wird, den diese freie Tankstelle verlangt.

Allerdings: Wenn der Chauffeur dann wieder Gas gibt und sich 10, 20, 25 Kilometer von dieser freien Tankstelle entfernt, geht der Preis wieder schrittweise hinauf. Dann kostet der Liter nicht mehr beispielsweise 10,13 S, sondern zuerst 10,23 S, dann 10,55 S, 10,80 S, bis wir wieder beim ostüblichen Niveau von 10,83 S angelangt sind. Im "Fachchinesischen" nennt man das "Trichterpreisbildung". Das macht man, um diesem Störenfried, der freien Tankstelle, den für die Fixkostendegression notwendigen Umsatz zu verwehren, damit er nicht so viel Umsatz macht, um auf Dauer wirklich billiger sein zu können, und um ihn damit natürlich letztlich umzubringen, wenn er sich nicht vorher aufkaufen läßt.

Ich habe schon einmal darüber gesprochen, was sich die Ölmultis in unserem Land leisten und – ich sage es noch einmal – auch leisten können. Zumindest bislang läßt man sie gewähren. Das grenzt an moderne Wegelagerei, es ist das Raubrittertum des 20. Jahrhunderts! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister, wir stehen daher in dieser Frage an Ihrer Seite. Wir haben allerdings nur ein Problem dabei – das sage ich Ihnen ganz ehrlich –: Es drängt sich ein Verdacht auf. Kollege Firlinger hat gemeint: Am Abend wird der Faule fleißig! Ich meine: Vor Wahlen werden manche Politiker emsig! Aber bitte, es soll sein! Immerhin, immerhin! k

Aber zweitens habe ich bei Ihnen immer das Gefühl, Sie lassen sich relativ rasch einlullen. Und heute wurde ich wieder darin bestärkt: Sie waren ganz begeistert, daß die OMV jetzt irgendwelche betrieblichen Kennzahlen veröffentlicht. Na und? Solange Sie nicht die Kalkulationsgrundlagen einsehen und vergleichende Kalkulationen anstellen können, nützt das gar nichts, da Sie die Kennzahlen ja nicht nachprüfen können. Die sind ja gewitzt geworden. Die geben doch nicht irgendwelche Kennzahlen bekannt, aus denen die Frau Schmauslaberl erkennt: Aha, der Benzinpreis könnte geringer sein.

Drittens haben wir mit Ihnen immer wieder folgendes Problem: Am Anfang, wenn Sie irgendeine Geschichte beginnen, können Sie vor lauter Kraft nicht laufen, und wenn es ins Finale geht, gehen Sie in die Knie. Bei Ihnen heißt es leider immer frei nach der Shakespeare-Komödie: "Viel Lärm um nichts!" (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.40

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Oberhaidinger. 7 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

12.40

Abgeordneter Georg Oberhaidinger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wir diskutieren über eigenen Wunsch des Bundesministers Farnleitner die unendliche Geschichte der österreichischen Treibstoffpreise in der Ära der letzten drei ÖVP-Wirtschaftsminister. Da können die ÖVP-Vorredner noch so viele Nebelgranaten werfen, für mich bleibt der Eindruck bestehen, Herr Bundesminister: Diese Ihre heutige Erklärung ist eine Flucht nach vorne – und nichts anderes. (Abg. Haigermoser: Sie sind in einer Koalition!)


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