Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 159. Sitzung / 82

Der selbständige Buchhalter hat eine höhere Qualifikation. Er ist daher selbst Wirtschaftstreuhänder. Solange wir den Beruf des Wirtschaftstreuhänders in dieser Art aufrechterhalten, sollte es, so meine ich, auch die entsprechenden Qualifikationsprüfungen geben. Im Unterschied dazu halte ich die Qualifikationsprüfung, das gebundene Gewerbe beim gewerblichen Buchhalter eigentlich für verzichtbar. Denn da entscheidet die tatsächliche Qualifikation auf dem Markt, ob er gut oder schlecht ist, und nicht eine in der Vergangenheit abgelegte Prüfung.

Die Freiheitlichen haben noch immer nicht erkannt, was da Revolutionäres in den freien Berufen im Hinblick auf die Dienstleistung passiert, welch völlig neue Aufgabenstellung und Marktchance sich für die Wirtschaftstreuhänder bietet, und zwar gemeinsam mit Rechtsanwälten und mit Ingenieurkonsulenten. Hiemit ist erstmals in Österreich die Möglichkeit für die Einrichtung interdisziplinärer Kanzleien gegeben!

Herrn Graf sei in Erinnerung gerufen, daß wir heute früh auf unseren Abgeordnetenbänken Mitteilungen vorgefunden haben, in denen steht, daß die Regierungsvorlagen Notariats-Berufsrechts-Änderungsgesetz und Rechtsanwalts-Berufsrechts-Änderungsgesetz bereits dem Hohen Haus zugeleitet wurden. Das heißt also, dieser Prozeß der Öffnung der freien Berufe ist im Gange. Ich vertraue darauf, daß der Entschließungsantrag ernst gemeint ist, wenn er auch letztlich mit 31. Juli begrenzt ist.

Meine Damen und Herren! Es liegt ein Gesetzentwurf vor, zu dem ich als Oppositioneller ja sagen kann, und ich tue dies auch ganz bewußt, weil ich ihn für klug halte. Meine Kritik geht dahin, daß dieses Gesetz keine echte Reform sowohl der Kammern im freiberuflichen Bereich als auch der Wirtschaftskammer mit sich bringt. Das wäre aber bei dieser Reform zu viel verlangt. Daher ist dieser Schritt ein Schritt in die richtige Richtung. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

14.19

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Ing. Langthaler. – Bitte, Frau Abgeordnete.

14.19

Abgeordnete Ing. Monika Langthaler (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die Entstehungsgeschichte dieses Gesetzes und vor allem das Lobbying, das von einigen kam, hat mich jedenfalls sehr an die Diskussionen rund um die Gewerbeordnung erinnert, und ich war schon sehr überrascht darüber, daß gerade Vertreter von den sogenannten freien Berufen dann, wenn es um ihre eigenen Anliegen geht, nicht wirklich sehr liberal und frei denken, sondern vor allem doch vorrangig daran denken, ihr eigenes gewonnenes Monopol, ihr eigenes Schatzkästchen zu schützen. (Abg. Dr. Graf: Meinen Kommentar zum Berufsrechtsänderungsgesetz der Rechtsanwälte müssen Sie lesen!)

Herr Abgeordneter Graf! Ich bin mit einer extrem offenen Meinung in diesen Ausschuß gegangen. In einem hat ja Abgeordneter Haigermoser zweifellos recht: Das Gesetz ist auf jeden Fall besser als nichts! Das hat er ja auch gesagt. Ich habe mir in diesem Ausschuß die Argumente sowohl von den Regierungsparteien als auch vom Herrn Abgeordneten Peter und den Freiheitlichen sehr aufmerksam angehört. Ich muß Ihnen sagen, in diesem Fall haben mich einfach die Regierungsparteien überzeugt.

Ich möchte einige Beispiele erwähnen, warum ich aus Sicht der Grünen heute sehr bewußt diesem Gesetz meine Zustimmung gebe, fünf Gründe, die vielleicht hier noch nicht so genau aufgezeigt worden sind:

Der erste Grund ist zweifellos der, daß es ein enormer Vorteil ist, daß die gewerbliche Buchhaltung im Bereich der Gewerbeordnung geschaffen wird. Die Grünen haben sich immer dafür eingesetzt, und ich halte es für hervorragend, daß das endlich geschieht. Der Wermutstropfen ist – wir haben das auch schon im Ausschuß angemerkt –, daß es kein Vertretungsrecht gegenüber den Finanzbehörden gibt.


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