Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 159. Sitzung / 83

Ein zweites, ganz konkretes Beispiel, das ich für sehr leicht nachvollziehbar halte, ist, daß es durch dieses Aufbrechen eines bisher sehr rigiden Systems tatsächlich möglich ist – Copyright vom Abgeordneten Heindl, muß ich dazusagen –, daß es ein 16jähriger HASCH-Absolvent, eine 16jährige HASCH-Absolventin, also Handelsschulabsolventen, mit entsprechenden Prüfungen und Regelungen bis zum Steuerberater schaffen kann. Das ist tatsächlich ein großer Sprung, und das ist ein Fortschritt gegenüber der bisherigen Regelung!

Damit komme ich zu einem Punkt, der mich bei den Faxen von seiten der Wirtschaftstreuhänder wirklich geärgert hat, etwas, was bei mir eher einen umgekehrten Effekt erzeugte: Das war dieser Akademikerdünkel, der da durchgeschlagen hat. Es kann mir doch keiner erzählen, daß eine bisher unselbständige Buchhalterin in einer Wirtschaftstreuhandkanzlei bisher offensichtlich nicht ordentlich, vernünftig und hervorragend ihre Arbeit gemacht hat, nur weil sie eben keine Akademikerin ist! Oft ist es in der Praxis doch so, daß sie die Arbeit macht, der Wirtschaftstreuhänder, der Steuerberater "haut" den Stempel drauf – und hin geht’s zur Finanz. Die eigentliche Arbeit wird bisher meist von unselbständigen Buchhalterinnen geleistet, die nun von den Wirtschaftstreuhändern in den Faxsendungen, die wir bekommen haben, offensichtlich als dazu nicht in der Lage abgestempelt wurden. Das hat mich wirklich extrem gestört.

Ein vierter Punkt, weshalb ich diesem Gesetz sehr gerne die Zustimmung gebe, ist, weil es damit gerade auf dem Land für Frauen, möglicherweise auch in schwierigen Regionen, einfacher sein wird, als gewerbliche Buchhalterinnen eine neue Arbeitsplatzmöglichkeit zu finden. Das ist ein ganz eindeutiges Argument, und ich wundere mich, daß das von seiten der Freiheitlichen völlig negiert wird.

Ein fünfter Punkt – und da verstehe ich Herrn Abgeordneten Graf überhaupt nicht, denn darüber haben wir doch im Ausschuß diskutiert – ist, daß es sehr wohl ein interdisziplinäres Faktum in diesem Gesetz gibt, und zwar erstmals! Ich verstehe Ihr Argument überhaupt nicht, denn darum ging es ja auch im Ausschuß, daß es gerade in diesem Bereich endlich möglich sein wird, Gemeinschaftskanzleien, Gemeinschaftspraxen, wenn Sie so wollen, in diesem Bereich zu gründen.

Das doppelte System und die aus meiner Sicht bei den selbständigen Buchhaltern nach wie vor zum Teil sehr bürokratischen, sehr rigiden Hürden sind auch für mich ein Punkt, bei dem ich mir denke: Na, da ist vieles an Kompromiß drinnen, und die beiden Koalitionsparteien, die beiden Regierungsparteien sind dabei eben einem bestehenden System mit all seinen Schwächen verhaftet geblieben.

Aber wenn man sich als Oppositionspartei, so wie bei vielen anderen Punkten, überlegt: Ist das Glas mehr oder weniger halbvoll oder halbleer?, dann kann man sagen: In diesem Fall ist es halbvoll, und man kann daher auch als kritische Oppositionspartei diesem Gesetz zweifellos die Zustimmung geben. Und das tun wir heute! – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.23

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Steindl. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Haigermoser: Du bist Berichterstatter! Du mußt neutral und objektiv bleiben!)

14.23

Abgeordneter Mag. Franz Steindl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Herr Abgeordneter Haigermoser! Tatsächlich geht mit der heutigen Beschlußfassung eine lange Diskussion zu Ende. Seit der großen Gewerbeordnungsnovelle gibt es nun schon die Diskussion über ein eigenes Buchhaltergewerbe.

In der Diskussion darüber, welchen Umfang das haben sollte, wo das placiert sein sollte, gab es verschiedene Anregungen, gab es auch quer durch die Parteien verschiedene Vorschläge. Jeder von uns war im Ausschuß natürlich konfrontiert mit Wirtschaftstreuhändern, mit Buchhaltern, mit Unternehmensberatern, und jeder von ihnen hat natürlich seine Philosophie erzählt.


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