Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 159. Sitzung / 84

Ich glaube, daß die jetzige Lösung, die ja schon im Ausschuß Zustimmung fand, auch heute im Plenum eine breite Zustimmung erfährt. Es haben ja auch die Liberalen und die Grünen angekündigt, diesem Gesetzeswerk zuzustimmen. Ich verstehe die Freiheitlichen nicht, Herr Abgeordneter Haigermoser: Die Freiheitlichen treten ja bekanntlich immer für Entbürokratisierung, für das Aufbrechen alter Strukturen ein, dafür, daß mehr liberale Elemente hineinkommen. Weg mit den geschützten Bereichen!, so hört man immer wieder. (Abg. Haigermoser: Richtig!) Stimmt das so? – (Abg. Haigermoser – eine Broschüre in die Höhe haltend –: Da haben wir es, das ist das Modell!)

Daher verstehe ich Herrn Abgeordneten Graf nicht, der hier die Rechtsanwälte verteidigt, denn immer dann, wenn es um die eigenen Bereiche geht, ist man auf einmal nicht mehr liberal. Dann möchte man das alles nicht haben. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.) Diese Politik der Freiheitlichen nennen wir ab dem heutigen Tag die "Semmel-Politik". Einverstanden damit? (Neuerlicher Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Haigermoser: Was hat er denn gegen die kleinen Bäcker? Dir wird das Körberl gestrichen! Aus ist es mit dem frischen Kipferl zum Frühstück!)

Ich glaube, daß die Änderung der Gewerbeordnung und das neue WTBG ein brauchbarer Kompromiß sind. Die Fakten sprechen für sich. Da geht es nicht darum, daß in der Gewerbeordnung etwas geändert wurde und im WTBG, sondern darum, daß damit zwei Berufsbilder geschaffen wurden – das muß man auch einmal eindeutig sagen –, nämlich in der Gewerbeordnung mit einem gewissen Umfang und im Wirtschaftstreuhandgesetz mit einem gewissen Umfang. Es wird der Markt mit 13,3 Prozent vom Umsatzvolumen geöffnet, das heißt, man hat wirklich den Intentionen der Marktöffnung Rechnung getragen.

Betont werden muß auch: Mit dem, was wir heute beschließen, passen wir gewisse Dinge der Realität an. Das muß auch einmal betont werden. Wie oft geschah da etwas sozusagen unter der Hand, im Schwarzbereich? All das wird jetzt durch diese Änderungen entsprechend legalisiert.

Wir schaffen auch Voraussetzungen, um das Selbständigwerden zu fördern, und es wird dadurch zusätzliche Arbeitsplätze geben. Interessant ist die Feldstudie, die von der Kammer der Wirtschaftstreuhänder in Auftrag gegeben wurde: Die Wirtschaftstreuhänder meinen, daß sie Wettbewerbsvorteile hinsichtlich wichtiger Kompetenzen, wie zum Beispiel Verläßlichkeit gegenüber dem selbständigen Buchhalter haben, und zwar auch nach der Beschlußfassung, daß aber beim Preis-Leistungsverhältnis vielleicht die Buchhalter einen Vorteil haben.

Ich glaube, es ist ein Schritt in die richtige Richtung, in Richtung Liberalisierung, in Richtung Durchlässigkeit, und die nächsten Jahre werden ja zeigen, ob wir damit die richtigen Weichen gestellt haben. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

14.28

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kiermaier. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.28

Abgeordneter Günter Kiermaier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auf dem Weg nach Europa ist ein verstärkter Wettbewerb eine Selbstverständlichkeit, die natürlich auch vor den Steuerberatern und Wirtschaftstreuhändern nicht haltmacht. Die Abschaffung der Honorar- und Wettbewerbsrichtlinien war höchst an der Zeit; wir begrüßen das sehr.

Um es gleich vorweg klarzustellen: Begonnen wurde bei den Rauchfangkehrern, und das Ende ist noch lange nicht erreicht, meine Damen und Herren. Es ist ja wirklich nicht einzusehen, daß Preisüberwachung und Konsumentenschutz nur für bestimmte Berufsgruppen gelten, während andere Freiräume haben. Die Devise lautet: Gleiches Recht für alle! Die sogenannten Honorarnoten haben gefälligst den Charakter einer Rechnung zu erhalten, und es kann nicht sein, daß da Unterschiede von 100 Prozent und mehr bestehen.


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