Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 159. Sitzung / 152

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Ich erteile als erster Rednerin Frau Abgeordneter Schaffenrath das Wort. – Bitte, Frau Abgeordnete.

19.02

Abgeordnete Maria Schaffenrath (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Grundsätzlich ist die Novelle zum Schüler- und Schülerinnenbeihilfengesetz zu begrüßen. Wir erachten sie auch durchaus als geeignet, nicht nur den Bezieher- und Bezieherinnenkreis auszuweiten, sondern auch die Höhe neu anzupassen. Das war selbstverständlich aus liberaler Sicht dringend notwendig – die letzte Anpassung war 1994 –, weil durch die Geldwertentwicklung die Anzahl der Bezieher und Bezieherinnen deutlich zurückgegangen ist und sich darüber hinaus auch die durchschnittliche Höhe der Beihilfe laufend reduziert hat.

Wir halten auch die neue Systematik der Berechnung für durchaus positiv. Sie ist sozial treffsicher, weil die Höhe der Beihilfe von den möglichen Unterhaltsbeiträgen der Eltern abhängig ist, weil also die Höhe der Beihilfe davon abhängig ist, welches Einkommen dieser Familie zur Verfügung steht. Uns gefällt dieser Gedanke grundsätzlich sehr gut. Ich erkenne darin unser Familientransfermodell wieder. Ich finde es sehr positiv, daß Sie jetzt auch diesen gedanklichen Zugang haben, daß es sozial nicht fair ist, wenn jedem das gleiche gegeben wird, egal, ob er es braucht oder nicht, und daß es auch sozial nicht fair ist, nach dem Alles-oder-nichts-Prinzip vorzugehen, wie das leider immer noch bei vielen Sozialleistungen im Lande und auch auf Bundesebene geschieht.

Sie werden sich vielleicht wundern, warum ich, wenn ich das Ganze so positiv finde, diesem Antrag trotzdem nicht zustimmen kann. Ich kann deshalb nicht zustimmen, weil die Beibehaltung eines guten Schulerfolges, das Erreichen eines bestimmten Notendurchschnittes aus unserer Sicht jedenfalls inakzeptabel ist. Sie haben zwar diesen Notendurchschnitt von 2,8 auf 2,9 angehoben, aber das ist wieder ein klassischer Rückfall in die Mentalität "alles oder nichts". Bringt der Schüler oder die Schülerin eine bestimmte Leistung, dann bekommt er oder sie auch eine soziale Unterstützung. Wird diese Leistung nicht erbracht, dann gibt es auch keine Unterstützung – völlig unabhängig davon, ob diese Familie in einer finanziell schwierigen Situation ist oder nicht.

Diese, wie ich glaube, untragbare Koppelung von sozialer Hilfe und einer – ich möchte es fast so sagen – verqueren Leistungsideologie, weil an einen Notendurchschnitt angeknüpft wird, noch dazu nach einem System der Ziffernnote, die nachweislich am ungeeignetsten ist, Leistungen objektiv nachzubilden, ist aus unserer Sicht jedenfalls kontraproduktiv. Ich sage auch, warum.

Selbstverständlich sind in unserem Schulsystem Leistungen auch von den sozialen – damit meine ich auch die finanziellen – Verhältnissen in den Familien abhängig. Schauen Sie sich nur die explodierenden Nachhilfekosten an. 1,8 Milliarden Schilling geben wir dafür bereits aus. Daher ist es aus unserer Sicht möglich, daß ein Kind aus einer sozial schwierigen Situation durchaus auch aus finanziellen Gründen diesen Notendurchschnitt nicht erreichen kann, eben weil zum Beispiel die Nachhilfe teuer ist.

Überlegen Sie bitte auch folgendes: Gekoppelt an das Ziffernnotensystem, das nachweislich am ungeeignetsten ist, können Noten in Unterrichtsgegenständen wie zum Beispiel Leibesübungen, Religion, Zeichnen oder ähnlichem ausschlaggebend sein, bei denen durchaus besondere Begabungen erforderlich sein können.

Erreicht das Kind diesen Notendurchschnitt nicht, dann geht die gesamte Beihilfe verloren. Das heißt, sozial Bedürftige fallen durch den Rost, für sie wird die Situation noch schwieriger, und ich betrachte es tatsächlich, wenn es um soziale Beihilfen geht, als menschenverachtend und eigentlich auch als absolut sinnlos, wenn wir durch Schülerbeihilfen den Zugang zu den Schulen unterstützen wollen. (Beifall beim Liberalen Forum.)


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