Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 165. Sitzung / 45

gesagt worden –, ich denke aber, wir müssen uns hier auch die Frage stellen, wieso es einen solch mühsamen Kampf, eine solch zähe Auseinandersetzung mit immer neuen offenen und verdeckten Kartellen gibt, was denn dazu führt, daß diese nicht marktkonformen Agglomerationstendenzen so überhandnehmen.

Ich denke, da hat der Staat eine gewaltige Mitverantwortung. Je mehr sich der Staat aus den Systemen der sozialen Sicherheit verabschiedet und die Privaten in ein im wesentlichen rein kapitalmarktorientiertes Sicherungssystem, in ein System von Pensionskassen und privater Vorsorge hineinkomplimentiert, desto mehr nehmen wir in Kauf, daß immer mehr anonyme Anlagefonds überhandnehmen. Die dortigen Fondsmanager haben keine industriellen Interessen, sondern sie haben reine Finanzanlageinteressen, kurzfristige Renditeinteressen. Diese sind oftmals nicht anders herstellbar als über diese Agglomerationen, über die Minimierung von Overhead-Kosten. Ich denke, ohne sich mit diesen Phänomenen auseinanderzusetzen, wird jedes Kartellrecht ewig den immer neuen Agglomerationen nachlaufen.

Wir brauchen ein System einer staatlichen Grundsicherung. Das ist eine öffentliche Aufgabe! Und nur darüber hinaus kann und soll private Vorsorge willkommen sein. Der Staat darf sich nicht aus dieser Grundsicherung verabschieden, denn dann gibt es in diesem Land keine Mindestpension, kein Mindestarbeitslosengeld – gar nichts Derartiges! Das ist eine öffentliche Aufgabe, und diese muß wahrgenommen werden! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Koppler.)

Meine Damen und Herren! Damit allein aber nicht genug: Ich denke, es braucht nicht nur eine Deregulierung in vielen Bereichen, sondern eine intelligente Reregulierung. Da ist vieles schiefgegangen. Auch jenen, die in den Bankreihen der ÖVP den Kopf schütteln, sei gesagt: Es ist vieles schiefgegangen, und es sagen Ihnen auch Ihre Gewerbetreibenden, daß teilweise Regelungen geschaffen worden sind, die nicht nur nicht unbürokratisch sind, sondern die den Interessen der Betroffenen schaden.

Ich kann das im Detail nicht ausführen, aber denken Sie nur an das Mietrecht! Denken Sie daran, wie viele Gewerbetreibende wegen eines – ich sage das jetzt einmal so – sehr bürokratischen, schwer vollziehbaren Richtwertsystems aufgeben mußten! Das war schlecht, das war falsch, das sollte korrigiert werden. Denken Sie an die soziale Infrastruktur, die nicht standgehalten hat, die sich nicht den Ladenschluß-, Ladenöffnungszeiten konform verändert hat! Denken Sie an die Frauen bei den Registrierkassen, die nicht wissen, wo sie ihre Kinder nach 17 oder 18 Uhr unterbringen sollen! Damit sind echte Notstände produziert worden! Denken Sie an die Verkehrsinfrastruktur! Man hat eindeutig solche Modelle wie die Shopping-City-Süd gefordert und gefördert, und die Gewerbetreibenden haben den Nachteil davon. Immer noch eine Spur zur Süd Autobahn dazubauen, um dem täglich neuen Verkehrsinfarkt zu begegnen – damit hat man die Nahversorgung tatsächlich massiv geschädigt.

All das sind Faktoren, die irgendwie "passiert" sind – politisch nicht gesteuert –, und ich denke, da gibt es großen politischen Handlungsbedarf.

Ein Weiteres: Herr Bundesminister! Sie haben die Elektrizitätsversorgung angesprochen. Es stimmt, daß ein erster Schritt Ihrerseits gemacht wurde, aber ich frage Sie schon, ob es denn im Sinne der Privaten nicht möglich ist, daß die öffentliche Hand ihre Eigentumsrechte so einsetzt, daß die Energieversorgungsunternehmen nicht diese prohibitiven Netzmauten verlangen können, wie sie das tun. Wenn zum Beispiel Private eine Versorgung aus ökologischen Anlagen wollen – aus der Windkraft, aus Biomasse –, dann ist es nicht selten, daß sie 40 000 S, 50 000 S und mehr zahlen müssen, um solch einen Vertrag abschließen zu können. Da werden Rechtsstreitigkeiten notwendig sein. Ich frage Sie, Herr Bundesminister: Geht das nicht anders, geht das nicht einfacher?

Ein Allerletztes, Herr Bundesminister! (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Teilweise sind auch Teilorganisationen der Bundeswirtschaftskammer eben dabei, sinnvolle Neuregelungen wie das Mineralrohstoffgesetz mit den Gebühren ihrer Mitglieder zu kippen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte die Redezeit beachten, Frau Abgeordnete!


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