Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 165. Sitzung / 53

monatelangen Verhandlungen bemüht und ein Friedensabkommen ausgearbeitet, das von den Kosovo-Albanern mitgetragen wurde. Es hätte in Rambouillet ein Zeichen des Friedens gesetzt werden können: mit dem Schutz der Menschenrechte für die albanische Bevölkerung im Kosovo und auch der Wahrung der territorialen Integrität Jugoslawiens. Aber Präsident Milošević hat diese Angebote immer klar und eindeutig abgelehnt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf Ihnen berichten, daß sich keiner der Staats- und Regierungschefs die Entscheidung für dieses Vorgehen, für die Militäraktion leichtgemacht hat, und es schmerzt mich persönlich sehr, daß anscheinend eine Militäraktion das letzte Mittel ist, um Greueltaten eines menschenfeindlichen, autoritären Regimes zu stoppen. Es sollte daher, meine sehr geehrten Damen und Herren, bei aller Differenziertheit der Betrachtungen – und das war das gemeinsame Bestreben aller Staaten der Europäischen Union beim Gipfel in Berlin – eines sicher nicht entstehen: daß Milošević das Signal empfangen kann, er könne die Staatengemeinschaft auseinanderdividieren und glauben, daß er diesen Konflikt auf seine Art aussitzen und gewinnen kann. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aus diesem Grund haben alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union – alle, auch die neutralen Staaten wie Schweden, Finnland, Irland und auch Österreich – Verständnis für eine militärische Aktion als anscheinend letztes Mittel gezeigt, nachdem die politischen Initiativen von Milošević alle verweigert wurden.

Genauso, wie wir der Meinung sind, daß es nicht dieses Signal der Spaltbarkeit geben darf, sind wir auch der Meinung, daß es verstärkter politischer Anstrengungen bedarf, um diesen Konflikt tatsächlich lösen zu können. Das war auch das Zeichen, das die Staats- und Regierungschefs beim informellen Treffen in Brüssel durch die Einladung des Generalsekretärs der Vereinten Nationen Kofi Annan geben wollten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Generalsekretär der Vereinten Nationen hat ein Fünf-Punkte-Programm vorgelegt, das von den Staats- und Regierungschefs gutgeheißen wurde. Sie haben ausdrücklich die Initiative von Kofi Annan unterstützt und auch auf die besondere Rolle, die ein Akteur Rußland in den Bemühungen um eine politische Lösung haben wird und haben muß, hingewiesen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin überzeugt davon, daß es unsere gemeinsame Aufgabe sein muß, alles daranzusetzen, daß diese Initiative Kofi Annans zu einem raschen Beschluß des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen wird und damit auch sehr klar an die Bevölkerung Jugoslawiens das Signal gegeben wird, daß die gesamte internationale Staatengemeinschaft, vertreten durch die Vereinten Nationen, ein Angebot für eine friedliche Lösung gemacht hat, das rasch und unbedingt anzunehmen ist. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für mich ist entscheidend, daß Österreich, das in diesem Krieg keine militärische Aufgabe hat, sondern als neutraler Staat seine Stärken in der humanitären und politischen Problemlösung einbringen kann, das auch mit voller Kraft wahrnimmt. (Beifall bei der SPÖ.) Und das in zweifacher Hinsicht, nämlich erstens in Form von unmittelbarer Hilfe. Ich freue mich, Ihnen mitteilen zu können, daß die österreichische Bundesregierung beschlossen hat, in einem Erstumfang etwa 500 Millionen Schilling für die Errichtung eines Österrreich-Camps, für die flächendeckende Direkthilfe durch die Hilfsorganisationen in Albanien, in Montenegro und Mazedonien zur Verfügung zu stellen.

Bei allem Bekenntnis dazu, daß man nicht die Absichten von Milošević unterstützen kann und man jetzt die Menschen, die aus dem Kosovo vertrieben wurden, die auch zum Teil vor Ort geschützt und sicher in Albanien, Montenegro und Mazedonien bleiben wollen, nicht über ganz Europa verstreuen kann und darf und damit dieser ethnischen Säuberungspolitik von Milošević Vorschub leisten und Unterstützung geben soll, ist es wichtig, daß wir jenen Menschen, die dort nicht in Sicherheit leben können, zum Beispiel in Mazedonien, die Garantie geben, daß Österreich und alle anderen Staaten der Europäischen Union Flüchtlinge aufnehmen und ihnen Schutz und Hilfe bieten. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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