Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 165. Sitzung / 62

werden, und auch dann erfolgen sie nur halbherzig. Da kann man nicht von einer großen Leistungsfähigkeit sprechen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Auch im Bereich der Krise im Kosovo hat die Europäische Union nicht gerade gezeigt, daß die dritte Säule des Vertrages von Maastricht, die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, auch nur in Ansätzen umgesetzt und verwirklicht werden konnte. Wir alle sind fassungslos angesichts der täglichen Bilder aus dem Kosovo. Niemand von uns hätte geglaubt, daß in Europa nach Ende des Kalten Krieges und nach den vielen Erfahrungen, die wir in dieser Region in den letzten Jahren schon gemacht haben, wieder Tausende Menschen ermordet, Hunderttausende vertrieben und ganze Regionen entvölkert werden. Diese Bilder, die wir darüber zu sehen bekommen, machen betroffen. Sie erinnern mich auch an Erzählungen meiner Verwandten, die im Jahre 1945 als Sudetendeutsche auch nur fünf Minuten Zeit gehabt haben, ihr wichtigstes Hab und Gut zusammenzusuchen und ihre Häuser zu verlassen, und die unter Morddrohungen aus ihrer Heimat vertrieben worden sind.

Es ist beklemmend, wie sich die Geschichte in Europa wiederholt, und es ist auch beklemmend, wie schwer es anscheinend nach wie vor ist, solche Diktatoren, die Mord, Folter und diese Grausamkeiten als Mittel ihrer Politik anwenden, in die Schranken zu weisen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Daher ist es klar für uns, meine Damen und Herren – und das sollte auch für das österreichische Parlament klar sein –, daß wir, auch wir hier in Österreich, alles in unserer Macht Stehende zu tun haben, um diesen Krieg zu beenden, um den Flüchtlingen die Rückkehr in ihre Heimat zu ermöglichen.

Was wir aber nicht brauchen, meine Damen und Herren von der Bundesregierung – es war wirklich beschämend, was sich in diesem Land in den letzten Wochen und Monaten abgespielt hat –, ist, daß man jetzt anhand dieser schrecklichen Katastrophe hier in Österreich eine Sicherheitspolitikdebatte entfacht, daß man jetzt überlegt: Wie sehr sind wir neutral, wie sehr sind wir nicht neutral? In welche Bündnisse sollte man gehen?

Sie wissen ganz genau, daß sich die Freiheitlichen vor dieser Debatte nicht drücken und daß wir keinen Schwenk – so wie andere in der Vergangenheit – hinsichtlich unserer klaren Position in der Sicherheitspolitik machen werden, aber wir finden es wirklich beschämend, daß man in einer Zeit, in der Gesamteuropa alle Anstrengung und Konzentration auf die Bewältigung dieses furchtbaren Krieges richten sollte, hier in Österreich nichts anderes zu tun hat, als wieder eine zu diesem Zeitpunkt verfehlte sicherheitspolitische Debatte vom Zaun zu brechen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Zweytick: Wenn etwas unnötig ist, dann das, was Sie hier sagen!)

Dazu hätte man neun Jahre lang Zeit gehabt. Seit neun Jahren wissen wir, Herr Kollege, daß der Kalte Krieg zu Ende ist, daß der Status, den wir bis 1990 hatten, in Zukunft nicht mehr aufrechtzuerhalten ist. Das hat uns heute auch der Herr EU-Kommissar van Miert bestätigt, als er sagte, daß die Neutralität und die EU-Mitgliedschaft miteinander nicht vereinbar sind. Aber da haben Sie neun Jahre versäumt. Jetzt, bitte, ist sicherlich der falsche Zeitpunkt.

Was aber genauso unnötig ist, meine Damen und Herren, sind Wortmeldungen aus dem ganz linken Eck des politischen Spektrums hier in Österreich, durchaus aber auch von hochstehenden Repräsentanten, die jetzt plötzlich ihre alte Liebe zu merkwürdigen Ideologien aus der Vergangenheit, aus dem Kalten Krieg wiederentdecken und meinen, alte Konflikte, die wir, wie ich glaube, 1990 mit dem Wegfall des Warschauer Paktes beendet haben, in die politische Diskussion einbringen zu müssen. Ich nenne da nur den Wiener Klubobmann Hatzl, der plötzlich von einer Kriegshysterie der NATO spricht, von einem Kriegswahnsinn der sozialdemokratischen Regierungen – auch interessant –, von unzivilisiertem Kriegsgerassel und von einem Kriegstreiberpräsidenten Clinton.

Also ich glaube, solche Meldungen sind nicht dazu geeignet, den Konflikt zu lösen, sondern eher geben sie den Kriegstreibern mit dem wahren Kriegstreiber Milošević an der Spitze noch Auftrieb, weil sie hoffen, daß diese klare Linie des Westens auseinanderbricht und sie dann als Sieger aus diesem Konflikt hervorgehen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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