Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 165. Sitzung / 67

päischen Union, der Institutionenreform, der Sauberkeit in dieser Europäischen Union und der Agenda 2000.

Zur Erweiterung: Ich glaube, es war auch der Herr Bundeskanzler, aber der Herr Vizekanzler im besonderen, die gemeint haben, daß hier etwas weitergegangen sei. Ich behaupte: Das Gegenteil ist der Fall! Wir sind, was die Erweiterung betrifft, heute nicht weiter als bei verbalen Bekenntnissen, die wir von der Anfangszeit her kennen. Es ist aus keinem Wort zu erkennen, daß der Erweiterung irgendein besonderer Stellenwert, geschweige denn Priorität einzuräumen ist. Und aus der Tatsache, daß es einen Finanzplan – Sie, Herr Vizekanzler, haben darauf hingewiesen – bis zum Jahr 2006 gibt, in dem nicht der geringste Spielraum für eine solche Erweiterung enthalten ist, ist ablesbar, daß bis zu diesem Zeitpunkt offensichtlich kein Mensch in dieser Europäischen Union die Absicht hat, auch nur eines der beitrittswilligen und beitrittsfähigen Länder aufzunehmen. – Alles in allem hat dieser Gipfel, was die Erweiterung betrifft, einen klaren Dämpfer verursacht.

Zweiter Punkt: Institutionenreform. Wir Liberale haben schon während beziehungsweise vor der EU-Ratspräsidentschaft Österreichs den Antrag gestellt, die Institutionenreform zu einem wichtigen Punkt zu machen. Sowohl der Herr Vizekanzler als auch der Herr Bundeskanzler haben das abgelehnt; das Hohe Haus hier sowieso, weil sich ja die Fraktionen leider überwiegend – das ist wohlwollend ausgedrückt – als Erfüllungsgehilfen der Regierungsmeinung sehen. Ich erinnere mich gut daran, daß im Hauptausschuß der Herr Vizekanzler noch gesagt hat, es habe überhaupt keinen Sinn, hier irgendeine Aktivität setzen zu wollen, denn dafür gebe es keine Bereitschaft. Er hat daher von vornherein die Flinte ins Korn geworfen.

Jetzt – und ich bin froh darüber, daß wenigstens die Deutschen das nun tun – haben die Deutschen angekündigt, gerade zur Institutionenreform einen Regierungsgipfel einberufen zu wollen, und ich hoffe, daß das auch passieren wird. Aber mit welchen Mehrheiten Ratsbeschlüsse künftig erfolgen sollen – wir wissen, das hängt mit der Erweiterung zusammen –, wie die Kommission künftig zusammengesetzt sein soll, wie die Mitsprache und die Mitbestimmung des Parlaments ausschauen sollen – all das sind wesentliche Punkte, die nicht nur zur Stärkung der Europäischen Union, sondern auch zur Akzeptanz bei der Bevölkerung beitragen würden.

Daher wäre es so wichtig gewesen, sie schon früher in Angriff zu nehmen, aber auch jetzt muß ich sagen: Nichts ist weitergegangen, nichts an Fortschritt haben wir anläßlich dieser letzten Konferenz entdecken können. Deshalb muß ich hinzufügen: Auch da besteht kein Anlaß, sich positiv darüber zu äußern, was herausgekommen ist.

In dem Zusammenhang möchte ich gleich auf den nächsten Punkt übergehen, nämlich die Sauberkeit, denn auch das hängt mit der Kommission zusammen. Jetzt auf einmal, so höre ich, ist man bereit dazu, darüber nachzudenken, ob man die Kommission nicht nur im Kollektiv sowohl bestellen als auch abberufen, abwählen kann, sondern auch einzelne Mitglieder dieser Kommission.

Nicht nur, daß das eine alte Forderung mehrerer Oppositionsparteien dieses Hauses ist, hätte es bei der jetzigen Situation durchaus einen Umweg gegeben. Wenn wir schon die Rechtslage nicht haben, das eindeutig zu machen, dann sollte man Instrumente suchen, wie man jedenfalls dieser Intention entsprechen kann. Nach den Korruptionsvorfällen innerhalb dieser Kommission hat die liberale Fraktion den Antrag gestellt, daß der Präsident angeregt werde, beim EuGH eine Anklage gegen die Kommissionsmitglieder einzubringen. Diese Anrufung des EuGH hätte es ermöglicht, daß dann einzelne Mitglieder sehr wohl den Hut nehmen müssen.

Nicht nur, daß dieser Antrag von den Fraktionen des Europäischen Parlaments abgelehnt wurden, es geht ja noch weiter. Es ging ja dann sogar soweit, daß der Mißtrauensantrag, den die Liberalen daraufhin mit eingebracht haben, von den Vertretern dieser Regierungsfraktionen – überwiegend jedenfalls, von den Fraktionschefs jedenfalls – abgelehnt wurde.

Ich sage das deswegen, weil das ein ganz wesentliches Indiz ist, die Glaubwürdigkeit der Anstrengungen der Fraktionen dieses Hauses zu beurteilen, vor allem auch im Vorfeld eines Wahl


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