Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 165. Sitzung / 68

kampfes. Man ersieht daraus, was man wirklich für bare Münze nehmen kann, wenn man es nämliche an den Taten mißt.

Und dann – das ist für mich ein wichtiger Punkt in diesem Zusammenhang – drängt sich natürlich ein Verdacht auf, und der ist evident: daß das Interesse an einer solchen Institutionenreform bei ÖVP und SPÖ überhaupt nicht gegeben ist. Sie haben nämlich ein ganz anderes Interesse: die Untugend der Packelei, die in diesem Lande gepflogen wird, bis nach Brüssel zu tragen. Und es gibt Beispiele dafür.

Sie wissen, ich bin sonst keine Freundin starker Worte, aber anders kann man das nicht mehr umschreiben, wenn man sich anschaut, welche Geschäfte hier im Zusammenhang mit einer Botschafterbestellung einerseits und der Besetzung von Kommissionsposten andererseits versucht werden. Wenn Sie, Kollege Khol, jetzt nicken und mir damit recht geben, dann ist das zwar eine bemerkenswerte Einsicht, nur: Die ÖVP kann sich aus der Verantwortung überhaupt nicht herausstehlen, denn ihr Kommissionsmitglied Fischler spielt dieses Spiel ja mit. (Beifall beim Liberalen Forum.) Er ist derjenige, der auch Anbote macht. Er sagt, na gut, wenn ich es werde, dann wird vielleicht mein Kabinettschef einer, der der Sozialdemokratie nahesteht.

Daß heißt, diese Spielchen, die von ÖVP und SPÖ einmütig gespielt werden, in Wien, in Österreich, wollen Sie bis nach Brüssel hinaustragen und damit Ihr System, das mit Demokratie aber schon gar nichts zu tun hat, verfestigen. Ich vermute, daß schon aus diesem Grunde ein Interesse an einer Institutionenreform sehr unterentwickelt ist. Sie können ja auch gar kein Interesse daran haben, daß die Kontrolle im Europäischen Parlament gestärkt wird, etwa durch mehr Rechte und Möglichkeiten des Europäischen Rechnungshofes oder aber sogar durch eine begleitende private Kontrolle, wiewohl es durchaus Sinn machen könnte, darüber zu diskutieren und sich hiefür Spielregeln einfallen zu lassen. – Also auch in diesem Bereich ist nichts weitergegangen.

Und was die Agenda 2000 betrifft, so hat der Herr Bundeskanzler einen bemerkenswerten Ausspruch dazu getan – ich habe geglaubt, ich höre nicht recht –, als er nämlich gemeint hat, da habe die Europäische Union im entscheidenden Moment ihre Handlungsfähigkeit bewiesen. – Also jetzt muß ich schon sagen, es tut mir als überzeugter Europäerin weh, wie Sie das Image der Europäischen Union ruinieren, denn mit einer derartigen Schönrederei kann man Ihnen ja überhaupt nichts mehr glauben, auch wenn sie richtige, positive Dinge über die Europäische Union sagen.

Aber gerade wenn uns daran liegt, daß wir um Akzeptanz für diese Europäische Union werben, gerade wenn uns daran liegt, etwas weiterzuentwickeln, kann das doch nicht mit Schönrederei passieren, vor allem nicht mit einer Schönrederei, der jede Basis fehlt. Sie stellen sich hierher und sagen, die Europäische Union hat Handlungsfähigkeit im entscheidenden Moment gezeigt. – Nichts davon ist wahr! Diese Agenda 2000 hat einen Reformansatz gezeigt, aber – und da werden Sie mir doch recht geben müssen – auf halbem Weg ist man steckengeblieben.

Eines ist für mich bemerkenswert – aber das stört die ÖVP schon lange nicht mehr, das haben wir ja auch bei der Diskussion um die Benzinpreisregelung erlebt –: Es ist diese Agenda 2000 und dieses Förderungssystem das letzte planwirtschaftliche Instrument, das noch dazu europäisch abgesichert ist. Daß jene Partei, die immer so tut, als wäre sie für Marktwirtschaft – ich weiß überhaupt nicht, wie Sie zu diesem Ruf kommen; das ist mir schleierhaft –, dann auch noch dieses Instrumentarium auf der europäischen Ebene durchaus in Kauf nimmt und nichts dagegen unternimmt, wundert mich bei der ÖVP gar nicht – das ist das einzig Glaubwürdige an Ihnen: Benzinpreisregelungen hier im Hohen Haus, dort ein Weitertragen und ein weiteres Verfestigen der planwirtschaftlichen Instrumentarien –, aber eines muß man sagen: Weitergegangen ist nichts!

Daher schließe ich mich in der Beurteilung dieses Gipfels dem Premier Luxemburgs an. Juncker hat gesagt, wenn es nationale Gewinner gibt – da muß ich darauf hinweisen, daß sowohl der Bundeskanzler als auch der Vizekanzler, der Bundeskanzler noch mehr als der Vizekanzler, ständig davon geredet haben, was doch für Österreich alles gewonnen wurde; da haben sie


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite