Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 165. Sitzung / 113

Sie vollführen nur die Politik, die über Jahre gemacht worden ist: Milošević einmal das Zuckerbrot zu reichen, wie es Holbrooke immer wieder getan hat, und dann wieder die Peitsche hervorzuholen. Sie verteufeln ihn jetzt in einer Art und Weise, sodaß Sie nachher nichts mehr davon zurücknehmen können, wenn Sie am Verhandlungstisch sitzen.

Es ist unbestritten: Es wird dort eine verbrecherische Politik, eine wahnsinnige Politik betrieben, aber es ist unbestritten – wenn man die politische Situation in diesem Land betrachtet, so sieht man das –, daß Milošević leider jener Staatsmann ist, mit dem die Staaten Europas nachher am Verhandlungstisch sitzen werden, wenn es um irgendwelche Waffenstillstandsabkommen gehen wird. Und das ist nach wie vor das einzige Ziel, das alle unsere Debatten haben sollten: Es muß zu einem Waffenstillstand kommen, es gibt keine andere Alternative. (Beifall bei den Grünen.)

Es ist bereits ausgeführt worden – und ich möchte es zum Schluß noch streifen –, daß alles andere zu einer Dynamik geführt hat, die nicht mehr zu bremsen ist. Es steht uns möglicherweise ein Flächenbrand bevor, wenn wir jetzt nicht eingreifen. Die einzigen – und auch das soll hier gesagt sein –, die bis jetzt davon profitiert haben, sind die Rüstungsindustrie und der Waffenhandel. Das sollte uns nachdenklich stimmen, wenn wir uns einer solchen Politik anschließen! (Beifall bei den Grünen.)

Aus diesem Grunde auch unser Antrag. Gerade Vertreter eines neutralen Staates – das sei dem Kollegen Spindelegger noch einmal gesagt – sollten nicht zu NATO-Treffen fahren und dort mit abfeiern! Wir sollten nicht solchen Abkommen zustimmen, die die EU abschließt oder die irgendwelche Staatsleute abschließen, sondern wir sollten alle Möglichkeiten nützen, zu einem Waffenstillstand zu kommen. (Beifall bei den Grünen.)

16.04

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Entschließungsantrag betreffend Krieg in Jugoslawien, der von der Frau Abgeordneten eingebracht wurde, ist genügend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Großruck. – Bitte, Herr Abgeordneter.

16.04

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Der deutsche Bundestag hat vorige Woche ebenfalls über das Kosovo-Drama eine Debatte geführt, und wer diese Debatte verfolgt hat, konnte feststellen, daß sie von Sachlichkeit getragen war und von so etwas wie einem nationalen Konsens.

Sowohl die Regierungsparteien als auch die CSU/CDU-Opposition und die Freien Demokraten haben mit einer Zunge gesprochen. Eine unrühmliche Ausnahme war die PDS, die geglaubt hat, ihr eigenes politisches Süppchen kochen zu müssen, und fast drängt sich mir der Verdacht auf, daß Frau Petrovic hier im Parlament die Rolle des Gregor Gysi übernehmen muß. So kam es einem vor, wenn man ihre Ausführungen hier verfolgt hat. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Daß das aber nicht die Meinung der Grünen ist, ist der Rede des Fraktionssprechers der Grünen, Van der Bellen, zu entnehmen, dem ich dafür Achtung zollen möchte. Er hat sich nicht nur mit der Situation, die momentan vorherrscht, auseinandergesetzt, sondern auch mit dem, was danach kommt.

Herr Van der Bellen! Was danach kommt, weiß niemand. Man kann die Zukunft nicht planen, ohne die Gegenwart zur Kenntnis zu nehmen, und man kann die Gegenwart gerade im Kosovo nicht verstehen, wenn man nicht die Vergangenheit kennt oder die Vergangenheit ignoriert.

Einer, der die Vergangenheit kennt, ein Balkan-Experte, war neben unserem Außenminister Dr. Alois Mock der SVP-Abgeordnete Dr. Hans Benedikter. Er hat einen erschütternden Bericht unter dem Titel "Das geschändete Antlitz" für die Region Trentino-Südtirol erstellt, und zwar zusammen mit der UNO, zusammen mit der OSZE, zusammen mit der Europäischen Kommission. Der Untertitel lautete: Über die Vorgänge in Bosnien: Völkermord, Vertreibungsterror, Ver


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite