Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 165. Sitzung / 161

All das haben Sie gestrichen. Sie geben da in Wirklichkeit dem Herrn Verkehrsminister einen Blankoscheck, damit er das, was er – oder wer auch immer in der Folge der Verkehrsminister ist – in diesem Zusammenhang zu machen müssen meint, zu Lasten aller anderen durchsetzen kann.

Diese Abwägung ist Ihnen nicht gelungen, insbesondere auch deshalb nicht, meine Damen und Herren, weil die Eigentumsverhältnisse an der Bahninfrastruktur in Österreich weiter aufgesplittert bleiben werden. Es wird nach wie vor mehrere Gesellschaften geben. Es werden die ÖBB als De-facto-Monopolist in diesem Bereich bestehen bleiben, und es wird auch weiterhin viele Diskriminierungsmöglichkeiten für die Privaten geben.

Denn es ist nicht so, Herr Abgeordneter Edler, daß es nur darauf ankommt, daß sich die ÖBB im Wettbewerb beweisen müssen, sondern es gibt auch Privatbahnen. Und es soll auch mehr Privatbahnen in Österreich geben, denn wahr ist doch, daß der Personennahverkehr von den ÖBB in sträflicher Weise vernachlässigt wird.

Dabei geht es nicht nur um die Abschaffung der Kilometerbank, sondern auch um eine mangelnde Kundenorientierung, weil man offenbar der Meinung ist, nur im Frachtbereich Geld machen zu können, auch unter Aufkauf aller möglichen Speditionen. Der größte Frächter in Österreich ist ja kein Privater, sondern das sind ja die ÖBB. Das muß man ja auch einmal sagen und klar herausstreichen.

Der Slogan "Schiene statt Verkehrslawine" meint natürlich: Die ÖBB macht die Schiene und die Verkehrslawine. – Das ist Faktum in Österreich, und diese Wettbewerbsverzerrungen werden durch diese Novelle, die Sie heute hier vorschlagen, nicht ausgeräumt. Daher werden wir dieser Novelle auch nicht unsere Zustimmung geben.

Wir sind davon überzeugt, daß wir mehr Wettbewerb brauchen. Das wird auch im Eisenbahnverkehr nur durch Liberalisierung möglich sein. Das wird letztlich zu einem besseren Komfort führen, wie einzelne private Beispiele in ganz Europa, aber auch schon in Österreich zeigen. Wir sind weiters überzeugt davon, daß die Struktur, die für den Betrieb verantwortlich ist, und die Struktur, die sich rein mit der Infrastruktur beschäftigt, getrennt werden müssen. Es kann nicht so sein, daß die ÖBB diejenigen sein werden, die da allein das Sagen haben. Man braucht einen starken Regulator, und der muß außerhalb der ÖBB angesiedelt werden.

Jetzt darf ich Ihnen in aller Kürze noch ein Beispiel für die Kundenorientierung der ÖBB bringen. Wenn es Ihnen jemals passieren sollte, daß Sie von den ÖBB eine Karte für eine Leistung, die es im Zug nicht gibt, "angedreht" bekommen, dann werden Sie etwas ähnliches erleben wie ich.

Konkret war es bei mir im vorigen Juli so, daß man mir eine Karte verkauft, aber dazugesagt hat, der Zug wird ziemlich voll sein. Darauf habe ich gesagt: Na gut, dann nehme ich Erste Klasse. – Dann wurde es interessant. Weil das ein Sonderzug war, der nur in der Ferienzeit noch Koper fährt, gab es keine Erste Klasse. Ich habe aber ein Erste-Klasse-Ticket gelöst gehabt.

Ich bin daher zum Schaffner gegangen und habe gefragt: Was machen wir? – Er hat gesagt: Macht nichts, ich bestätige Ihnen das. Gehen Sie dann in Graz zum Schalter, dort kriegen Sie das zuviel gezahlte Geld zurück. – Ist in Ordnung, dachte ich und habe das gemacht.

In Graz hat mir der Mann am Schalter gesagt: Es tut mir sehr leid! Wir haben zwar ein Computersystem, aber mit dieser Sache müssen Sie zu dem Schalter gehen, der Ihnen in Wien das Ticket ausgestellt hat. – Gut, habe ich mir gedacht, macht auch nichts, ich komme ohnehin wieder nach Wien und gehe dann dort zum Schalter.

In Wien gehe ich also zum Schalter und sage: Sie haben mir damals ein Erste-Klasse-Ticket verkauft, und hier hat der Schaffner bestätigt, daß es keine Erste Klasse im Zug gab. – Der Schaffner war im übrigen sehr freundlich, wie alle Schaffnerinnen und Schaffner bei den ÖBB wirklich gut ausgebildete und front-end herzeigbare Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind!


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