Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 166. Sitzung / 57

Ich erinnere Sie daran, daß die europäischen Bauern – auch österreichische Bauern waren dabei; einige von ihnen befinden sich sogar derzeit hier im Saal – nach Brüssel gefahren sind, weil sie in den Verhandlungen zur Agenda 2000 eine große Bedrohung gesehen haben. Ich sehe darin kein Außer-Streit-Stehen, wenn sämtliche Bauern mobilisiert werden, damit sie nach Brüssel fahren und dort ihre Ängste zum Ausdruck bringen. Ich halte es für durchaus legitim, zu demonstrieren, aber das ist eben der Ausdruck dafür, daß nichts außer Streit steht, sondern daß man darüber sehr wohl streiten muß. (Abg. Zweytick: Es ist das gute Recht, die Interessen einer Berufsgruppe zu vertreten, wenn es um eine wichtige Verhandlung geht!)

Weiters haben Sie gesagt, die Landwirtschaftsminister wären sich auch ihrer Verantwortung bewußt und so weiter, und es sei ein Erfolg, wenn man die Milchquote bis zum Jahre 2006 ungefähr halten könne. – Also ich muß Ihnen ehrlich sagen: Ich halte das nicht für einen Erfolg. Ich finde, daß das nur eine Problemverschiebung ist.

Die Erweiterung ist in den Papieren, die wir alle kennen, als theoretischer Bestandteil der Europäischen Union ab dem Jahre 2002 angegeben. Das heißt: Wenn wir zu diesem Zeitpunkt damit rechnen, daß Länder wie Polen der Europäischen Union beitreten , dann muß man sich vor Augen führen, daß in Polen der Wirtschaftssektor Landwirtschaft ein riesiger Bereich ist. Das heißt, daß wir die Probleme, die wir bereits jetzt im "Europa der 15" haben, in einem erweiterten Europa in einem verschärften Ausmaß haben werden.

Daher glaube ich nicht, daß das Verschieben der Milchquotendiskussion auf das Jahr 2006 einen Erfolg darstellt, sondern aus einer Feigheit derjenigen resultiert, die verhandelt haben. Sie vermeiden den Umstieg auf effektive Mechanismen, um die Kleinbauern in ihrem Dasein und ihrem Wirtschaften nicht zu gefährden. Was wir wollen, ist, daß sie eine Einkommensgarantie haben. Was wir wollen, ist, daß die kleinen Strukturen erhalten bleiben, jene Strukturen, die nachhaltig wirtschaften, die eine tiergerechte Haltung als einen wichtigen Faktor ihres Wirtschaftens ansehen.

Das Problem, das wir erkannt haben, ist, daß wir auch degressiv arbeiten müssen, daß die Bauern in benachteiligten Gebieten auf jeden Fall die Aufmerksamkeit der Europäischen Union haben sollten, um in Europa nicht verwaiste Gebiete zu erzeugen. (Abg. Zweytick: Sockelbetrag!) Da bin ich völlig Ihrer Meinung! Aber man muß damit aufhören, das sozusagen an Produkte zu koppeln, die erwirtschaftet werden. (Abg. Zweytick: Aufhören und Grundgehalt einführen! – Abg. Schwemlein: Frischenschlager!)

Was erreicht man dadurch? Was erreicht man eigentlich durch Exportstützungen? – Man erreicht durch Exportstützungen, daß die Weltmarktpreise sinken. Die gesunkenen Weltmarktpreise zerstören in den Entwicklungsländern die dortigen Märkte. Dann kommt die Europäische Union und zahlt wiederum: auf der einen Seite nämlich die Exportstützungen, und auf der anderen Seite muß sie in diesen Ländern Kühlhäuser finanzieren, Düngemittel finanzieren, um die Entwicklungsländer sozusagen zu stützen, damit ihre wirtschaftliche Entwicklung schön langsam voranschreitet.

Das heißt, daß wir uns eigentlich selbst zunichte machen! Wir geben das Geld zweimal aus. Das kann doch nicht der Weisheit letzter Schluß sein, sondern das kann nur der Anstoß dafür sein, darüber nachzudenken, was wir eigentlich wollen.

Was wollen wir bei den WTO-Verhandlungen überhaupt erreichen? Wollen wir durch unsere Exportstützungen die Weltmärkte weiterhin kaputtmachen und diese fern von Europa liegenden Länder immer am Gängelband führen? Oder wollen wir erreichen, daß auch sie schön langsam ihre wirtschaftliche Unabhängigkeit erlangen?

Ich meine, daß wir diese Exportstützungen nicht in diesem Ausmaß brauchen. Was wir aber brauchen, das sind existenzsichernde Zuweisungen an jene, die es brauchen. Das sind zum Teil die Bauern, das sind benachteiligte Berufsgruppen, das sind alleinerziehende Mütter und viele andere Personen. Es gibt über 18 Millionen Arbeitslose in Europa, und ich glaube, daß sie das gleiche Maß an Aufmerksamkeit erhalten sollten, wie sie die Landwirtschaft bei den letzten Verhandlungen erfahren hat. (Beifall des Abg. Mag. Barmüller.)


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