Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 166. Sitzung / 71

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. – Bitte.

13.00

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Meine Damen und Herren! Obwohl die großen Linien im Bereich der Agrarpolitik bereits massenhaft und sehr eindringlich besprochen wurden, möchte ich das jetzt trotzdem auch ein wenig mit Zahlen untermauern.

Es kann ja nicht ernsthaft geglaubt werden, daß die Kosten der Osterweiterung ausschließlich von den Bauern, deren Anteil an der Bevölkerung in der Europäischen Union bekanntlich nur ungefähr 5 Prozent ausmacht, zu tragen sein werden, während die anderen 95 Prozent der Bevölkerung nichts zu zahlen haben werden – die wird das nichts kosten, es wird ihnen dann offenbar auch nichts bringen –, denn wenn Sie das durchrechnen, würden Sie merken, daß das letztlich bedeutete, daß bei geschätzten Kosten von 45, nach neueren Berechnungen 60 Milliarden Euro pro Bauer, pro Bäuerin in der Europäischen Union 3 000 bis 3 300 Euro dafür zu zahlen wären. Alle anderen hätten, wie gesagt, nichts zu zahlen. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Ich meine, daß eine solche Darstellung wohl weit an dem vorbeigeht, was Realität ist. Es macht doch in einer Diskussion, in der es auch darum geht, die mittel- und osteuropäischen Staaten in das Projekt der europäischen Integration miteinzubeziehen – was ja wohl ein Anliegen sein muß; Europa darf nicht an den ehemaligen Ostblockgrenzen enden –, überhaupt keinen Sinn, zu versuchen, die Osterweiterung mit solchen fadenscheinigen – wenn man das durchrechnet, muß man auch sagen: einfach unmöglichen – Argumenten madig zu machen.

Meine Damen und Herren! Es wundert mich allerdings auch, daß in dieser ganzen Debatte bisher nicht davon gesprochen wurde, daß gerade im Bereich der EU, was die Betrugsbekämpfung anlangt, noch einiges an Aufgaben offen ist. Es ist so, daß laut EU-Rechnungshof – und zwar beziehe ich mich auf die Zahlen von 1996 – 5,8 Prozent der Eigenmittel in der einen oder anderen Form veruntreut wurden.

Dazu ist einmal erstens festzuhalten, daß vieles von dem, was an Veruntreuung geschieht, auf nationaler Ebene stattfindet, denn da werden letztlich die Mittel unmittelbar dem konkreten Förderungswerber, der konkreten Förderungswerberin zugeteilt. Da muß etwas geschehen, aber diesbezüglich hat auch der Berlin-Gipfel nichts gebracht. All das, was im Zusammenhang mit der Betrugsbekämpfung gemacht werden soll, ist nicht etwas, das geprägt ist von einem Verständnis, indem gesagt wird, das ist ein sachliches Problem, sondern das ist – wie man ja durch den Rücktritt der gesamten Kommission gesehen hat – etwas, das eher parteipolitisch gesehen wird, das heißt, man will Verantwortung nicht unmittelbar an jenen Personen festmachen, die es tatsächlich betrifft. – Auch das ist daher etwas, was auf europäischer Ebene geändert werden muß. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Meine Aufgabe ist es, da ja diese Diskussion zehn Tagesordnungspunkte umfaßt, jetzt auch auf andere Anträge einzugehen. Ich bin davon überzeugt, daß man gerade im Vergleich zu jenen Maßnahmen, die hier als "großartig" dargestellt wurden, ermessen kann, wie ernst es der Politik tatsächlich mit der Umsetzung von Maßnahmen, zu denen man sich entschlossen hat, ist, wie ernst es der Politik tatsächlich ist, Fehler, die man als solche erkannt hat, auch wirklich auszumerzen.

Schauen wir uns zum Beispiel gleich einen Bericht an, um den es jetzt auch geht, nämlich jenen, mit dem das Inverkehrbringen von Zier-, Gemüse- und Obstarten nach dem Pflanzgutgesetz behandelt wird, und zwar dergestalt, daß es eine Kennzeichnung von gentechnisch veränderten Pflanzen geben soll, was ja eine Voraussetzung dafür darstellt, daß sich jeder Konsument, jede Konsumentin überhaupt einmal ein Bild davon machen und auch die entsprechende Wahl treffen kann. Wenn man sich also diese Kennzeichnungsvorschriften ansieht, erkennt man, daß die Regierungsparteien keinesfalls der Meinung sind, daß eine solche Kennzeichnung stattfinden soll, denn, meine Damen und Herren, zwei Anträge, die sich mit der Kennzeichnung


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