Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 166. Sitzung / 77

verhandelt, und dann kommt etwas Brauchbares heraus ...!) Die Analyse war richtig. Und daß sich die Landeshauptleute treffen, um dieses Thema zu besprechen, ist natürlich auch wichtig!

Ich habe mir dieses Papier ganz genau angeschaut: Das ist, wie gesagt, sehr, sehr gut im Analysebereich, ausgezeichnet, aber was dann an Forderungen entwickelt wird, kann nicht als Grundlage dafür dienen, es groß als "Grazer Konferenzpapier" oder wie auch immer zu verkaufen.

Zurück zum Strukturfonds. Übriggeblieben ist eine Reform des Strukturfonds, die tauglich scheint, die aber, wie gesagt, weit unter den Erwartungen bleibt, die man im Hinblick auf eine Erweiterung der Union haben mußte. Damit gehe ich ja schon einen Schritt in diese systemimmanente Debatte hinein, indem ich ohnedies nur über Budgetpolitik, Finanzpolitik und Wirtschaftspolitik diskutiere und überhaupt nicht jene Bereiche anschneide, die meine Kollegin Petrovic hier zu Recht angeschnitten hat. Bei der Erweiterung der Union geht es nämlich um viel, viel mehr als nur um wirtschaftspolitische und finanzpolitische Aspekte.

Das Resümee der Kollegin Aumayr, daß die Bauern das zahlen müßten, was woanders ausgegeben wird, trifft nicht zu, und das erkennt man, wenn man sich die entsprechenden Zahlen und Vergleiche ansieht. Es ist nämlich nicht mehr geworden im Strukturbereich, sondern es ist lediglich intern verändert und verschoben worden. Es ist im Prinzip nicht ein Schilling mehr geworden!

Es hat einen meiner Meinung nach vernünftigen Vorschlag gegeben, und zwar vor mehr als einem Jahr seitens des Außenministers und Vizekanzlers, der gesagt hat: Warum können wir nicht die Restbeträge bis zu den Obergrenzen ausnützen, die jedes Mitgliedsland hat, die aber bislang nicht genützt wurden? Wir könnten diese Beträge für eine tatsächliche Unterstützung bei der Erweiterung der Union verwenden.

Es ist mir unerklärlich, warum dieser Vorschlag, der durchaus vernünftig und zumindest diskussionswert und -würdig ist, nicht weiter aufgegriffen und weiter diskutiert wurde. Stattdessen aber ist man ganz plump in eine von den Deutschen initiierte Nettozahlerdebatte hineingefallen. Und so stehen Sie heute da, Herr Finanzminister, und rühmen sich, daß wir nun nicht mehr soundso viel Prozent, sondern soundso viel Prozent als Nettozahler einzubringen haben. (Bundesminister Edlinger: Das ist für die Menschen in Österreich auch wichtig, daß mehr für sie da ist!)

Angesichts des Zieles dieser Agenda, das zumindest Sie von der Bundesregierung noch vor einem Jahr vorgegeben haben, ist das meiner Meinung nach ein ziemlich erbarmungswürdiges – um nicht zu sagen: erbärmliches – Ergebnis. Sie haben sich leider in einer Art Herdentrieb, der österreichische Regierungsmitglieder ab und zu befällt, der deutschen Bundesregierung und der Debatte dort angeschlossen.

Um zum Schluß zur Landwirtschaft zu kommen: Herr Minister Molterer, Sie zählen hier verschiedene die Landwirtschaft betreffende Themen auf, die alle sehr gut klingen: Sie beginnen mit dem Modell der europäischen Landwirtschaft, sodann erwähnen Sie die multifunktionale Landwirtschaft und schließlich die Bewirtschaftung und Pflege bis hin zum Prinzip der Nachhaltigkeit.

Ich sage Ihnen: Sie werden sich für ein Ziel entscheiden müssen, denn in alle vier Richtungen kann es nicht gehen. Das zeigt Ihnen ja die sogenannte europäische Landwirtschaft bereits heute, daß das nicht zusammengeht und nicht zusammenpaßt. Sie selbst sind ja auch gescheitert mit Ihren Vorschlägen betreffend soziale Staffelung. Also versuchen Sie auch nicht – nur, weil es offensichtlich so üblich ist –, hier im Parlament eine Lobrede zu halten und uns vier gutklingende Schlagworte zu präsentieren, Dinge, die in keiner Weise zueinanderpassen!

Ziel der Kommission bei der Agrarreform war es, das Agrarbudget zu stabilisieren und möglichst weitgehend von der Überschußfinanzierung wegzukommen. Ziel war es aber vor allem – und damit bin ich beim Kern des Ganzen –, eine WTO-Verträglichkeit herbeizuführen und die Wettbewerbsfähigkeit auf den Weltagrarmärkten zu steigern. – Genau das aber haben Sie vornehm verschwiegen. Das war das eigentliche Ziel der Agrarreform!


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite