Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 166. Sitzung / 78

Gerade dieses Ziel der Agrarreform ist aber besonders fragwürdig, denn es stimmt mit Ihren anderen Zielen der Nachhaltigkeit, der Bewirtschaftung und Pflege in keiner Weise überein. Das wissen wir ja. Das Ergebnis sehen wir, das erleben wir ja seit fünf Jahren, und das werden wir auch in den nächsten fünf Jahren noch erleben, wenn es um weitere Stillegungen bäuerlicher Betriebe, wenn es um den Verlust der Arbeitsplätze im landwirtschaftlichen Bereich geht.

Wenn wir eine gesamteuropäische Debatte führen wollen – in diesem Zusammenhang komme ich noch einmal auf die Ausführungen des Kollegen Nowotny zurück –, dann wäre es durchaus interessant, darüber zu diskutieren, inwieweit es Sinn macht, immer noch quantitatives Wachstum, vor allem in der Landwirtschaft, in den Vordergrund zu stellen, inwieweit es noch Sinn macht, sich an der Wettbewerbsfähigkeit auf dem Weltmarkt zu orientieren, wenn gerade die in Frage kommenden Importländer beziehungsweise Importregionen – sei es Rußland, Asien oder Afrika – von Krisen nur so geschüttelt sind und wenn uns gerade diese Länder – bleiben wir bei Rußland als Beispiel – vorzeigen, in welch kurzer Zeit Preise sozusagen in den Keller rasseln können, und alle Möglichkeiten, die wir haben – im Fall der Schweinepreise haben wir sie nicht einmal gehabt –, nicht greifen.

Aber genau das ist der Punkt. Diese Debatte hat es nicht gegeben, die hat es nie gegeben, im ganzen Bereich nicht, während diese Agenda verhandelt wurde. Herr Minister, diesen Vorwurf müssen wir Ihnen schon machen, wenn Sie hier ein solches Referat halten, eine solche Einleitung machen. Es hat nie ein In-Zweifel-Ziehen, ein In-Frage-Stellen dieses Zieles der Agenda gegeben, nämlich WTO-Anpassung und Wettbewerbsfähigkeit auf den Weltmärkten. Dann aber können Sie nicht hierherkommen und von der Nachhaltigkeit der Landwirtschaft reden. Das paßt beim besten Willen nicht zusammen! (Beifall bei den Grünen.)

Sie wissen ganz genau, daß die Weltmarktorientierung nur zu einer weiteren Industrialisierung der Landwirtschaft führt. Das, was Sie in Österreich vorhaben, ist ja gut, nett und schön, paßt aber überhaupt nicht in dieses Konzept der europäischen Landwirtschaftspolitik hinein.

Im Ministerrat ist statt dieser europapolitischen Debatte eine sehr – und das bedauere ich sehr – national-egoistische Debatte geführt worden – auch von Österreich –, angetrieben von einer Agrarlobby, die – und das sollte man auch einmal zur Kenntnis nehmen – in anderen Ländern nur deswegen stärker und kräftiger ist, weil es dort die Industrialisierung beziehungsweise diesen Schub zur Industrialisierung schon gegeben hat und daher einfach mehr Macht, mehr Kapital dahintersteht als hinter unseren Bauernvertretern.

Ich habe hier ein Zitat des deutschen Landwirtschaftsministers – ich weiß, es klingt böse, aber es hat auf gewisse Weise seine Berechtigung, daher bringe ich es –: Mit Bauern über Reformen zu reden, ist fast so, wie mit Gänsen über Weihnachten zu sprechen. (Abg. Steibl: Was?) Sie können in einer Debatte, in der es, wie sie ganz genau wissen, vor allem aufgrund der kleinbäuerlichen Struktur, die es in Österreich gibt, um das Überleben ihrer Landwirtschaft geht, nicht unbefangen argumentieren (Abg. Steibl: Das ist aber eine ziemlich schlimme Aussage!), weil sie natürlich und verständlicherweise darum kämpfen, zu überleben. Aber der Weg, den sie dafür einschlagen, ist völlig falsch! (Abg. Steibl: Sie maßen sich an, zu sagen, was Bauern brauchen oder nicht!)

Meine Vorrednerin hat das ja heute noch einmal aufgezeigt. (Abg. Steibl: Das ist ein Wahnsinn!) Aber solange wir uns in dieser Diskussion nur an den Produkten und deren Förderungen, an Quotenregelungen – so wichtig sie auch sind; ich weiß, es gibt so etwas wie einen Funken Hoffnung im Bereich der Landwirtschaft, und es gibt so etwas wie Übergangsregeln, wie sie auch jetzt wieder im Rahmen der Agenda 2000 beschlossen worden sind – orientieren, wird es zu keiner Nachhaltigkeit kommen. (Abg. Steibl: Aber mit solchen Aussagen ist den Bäuerinnen und Bauern nicht geholfen!)

Zwei, drei Dinge erachte ich für ganz wichtig. Ich habe sie bisher schon in jeder Debatte genannt, sei es zur Agenda oder zur Landwirtschaft, und ich wiederhole sie noch einmal:

Ich halte es für ganz wichtig, daß eine soziale Staffelung eingeführt wird, daß die Modulation eingeführt wird, die leider in der Agenda 2000 nicht durchsetzbar war. Ich weiß, daß sich


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite