Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 166. Sitzung / 108

eine Bundesangelegenheit, und deshalb ist einzig und allein der Bund zuständig. – Und wer auf der Strecke bleibt, das sind Minderjährige in Österreich. Das sind die Leidtragenden dieser Politik, die sich wirklich in diesem Fall auf Symbole, auf Placebos beschränkt. Es ist ja aus der Anfragebeantwortung trotz mangelhafter Statistik ersichtlich, daß Hunderte davon betroffen sind.

Herr Bundesminister! Da Sie nach mir zu Wort gelangen, möchte ich Sie ohne Polemik fragen: In welchem Land leben wir, wenn wir ganz genau wissen, wie viele Bäume bestimmter alter Apfelbaumsorten es in Österreich gibt – man kann sagen, wie viele es davon in Stinatz und wie viele es davon in Gerasdorf, in Urbersdorf im Bezirk Güssing gibt –, Sie jedoch nicht die primitivsten, für die davon betroffenen Menschen existentiellen Aufzeichnungen haben, nämlich woher sie kommen, wie lange und warum sie in Schubhaft sitzen und welche anderen Möglichkeiten es gibt? – Das ist der Stand, und dazu bitte ich Sie, jetzt Stellung zu nehmen. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

15.39

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt der Herr Bundesminister. Die Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte.

15.39

Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl: Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Die Oppositionsparteien Grüne und Liberales Forum haben mir vorgeworfen, daß ich nicht in den Kosovo oder nach Albanien oder nach Mazedonien geflogen bin und mich vor Ort über die Ereignisse informiert habe.

Ich habe es mir persönlich überlegt, ob ich mich in Mazedonien oder in Albanien über die Umstände, in welcher Art und Weise diese humanitäre Katastrophe vor Ort zu bewältigen versucht wird, informieren soll. Ich entschloß mich schlußendlich aus zwei Gründen dazu, es nicht zu tun.

Erstens deswegen, weil es bei ähnlichen Reisen innerhalb Österreichs, nämlich zu dem Grubenunglück in Lassing und zu der Lawinenkatastrophe in Galtür, gerade von Ihrer Seite sehr heftige Kritik daran gegeben hat, daß Regierungsmitglieder Katastrophentourismus betreiben würden. (Abg. Ing. Langthaler: Das kann man doch nicht vergleichen!) Diese Kritik, die damals gekommen ist, wollte ich sehr, sehr bewußt bei dieser noch viel ärgeren menschlichen Tragödie, die sich im Kosovo und in angrenzenden Gebieten abspielt, vermeiden.

Der zweite Grund war, meine sehr geehrten Damen und Herren, daß der deutsche Ratspräsident und Innenminister Deutschlands Otto Schily diese Reise am Ostersonntag unternommen hat und wir sowohl an diesem Tag als auch am Ostermontag sehr ausführlich über seine Eindrücke am Telefon gesprochen haben. Deshalb glaube ich, daß ich mit einer solchen Reise keine weiteren und zusätzlichen Eindrücke, Erkenntnisse und Erfahrungen hätte sammeln können.

Darüber hinaus möchte ich darauf hinweisen, daß ein Team des österreichischen Innenministeriums vor Ort in einem Lager in Mazedonien arbeitet. Es ist dies meines Wissens das einzige Team eines anderen Staates, das vor Ort in einem Lager arbeitet und sehr eng mit dem UNHCR und mit der Internationalen Organisation für Migration zusammenarbeitet. Dieses Team wird sowohl von der IOM als auch vom UNHCR in seiner Arbeit sehr, sehr gelobt und sehr, sehr geschätzt. Deshalb glaube ich, daß Ihre Kritik nicht gerechtfertigt ist, und möchte die Kritik an der Arbeit dieses Teams auch klar zurückweisen, weil es unter schwierigsten Bedingungen eine sehr erfolgreiche Arbeit leistet. (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Abgeordnete Gredler: Sie kritisieren mich, weil am 24. Februar ein Konzept der Liberalen zur Einführung von Clearingstellen in Österreich im Parlament vorgeschlagen, aber abgelehnt worden ist. Gleichzeitig wissen Sie aber, daß ich Anfang März ein solches Konzept an alle Bundesländer geschickt habe, das inhaltlich Ihren Vorstellungen sehr ähnlich ist, mit dem Vorschlag an alle Bundesländer, eine gemeinsame Vorgangsweise zur Betreuung illegaler Jugendlicher unter dem 16. Lebensjahr und unbegleiteter Asylwerber unter dem 16. Lebensjahr zu schaffen.


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