Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 169. Sitzung / 39

Bei der Steuerreform ist herausgekommen, daß den Unternehmern insgesamt 1,5 Milliarden Schilling zugute kommen. Diese Eigenkapitalbegünstigung aber ist eine Peinlichkeit sondergleichen, was etwa an folgendem Beispiel ersichtlich ist: Bei einer Zuführung eines Gewinns von 500 000 S zum Eigenkapital gibt es eine steuerliche Begünstigung von 2 500 S. – Das wollen Sie tatsächlich als "Begünstigung" für das Eigenkapital bewerten? Sehen Sie sich dazu einmal an, was Herr Landesrat Leitl in Oberösterreich verlangt hat: Er hat die Nichtbesteuerung des nichtentnommenen Gewinns verlangt, damit dadurch ein Investitionsschub zum Tragen kommt. Das wäre das gleiche Modell gewesen wie das Flat-tax-Modell der Freiheitlichen. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Es wären dadurch Investitionen durch eine Abschreibungsmöglichkeit von 100 Prozent im Jahr der Anschaffung begünstigt worden. Das wäre ein Ansatz gewesen. Was Sie aber in der Steuerreformdebatte als Begünstigung des Eigenkapitals formuliert haben, ist mehr als peinlich. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Von diesen 30 Milliarden Schilling sozusagen Spielkapital für die Steuerreform – das wissen Sie selbst ganz genau – waren 12 Milliarden Schilling durch die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vergeben, und 17 Milliarden Schilling sind in eine Tarifanpassung geflossen. Da haben Sie lediglich die kalte Progression zurückgegeben – und nicht mehr. Das gehört den Bürgern ja schon viel länger! Allein im letzten Jahr, von 1997 auf 1998, ist das Steueraufkommen um 30 Milliarden Schilling gestiegen.

Sie geben lediglich die Erhöhung für ein Steuerjahr zurück, haben aber die Bevölkerung um 150 Milliarden Schilling geschröpft! In den letzten zweieinhalb Jahren haben die Österreicherinnen und Österreicher um 150 Milliarden Schilling mehr an Steuern bezahlt, damit Österreich die Konvergenzkriterien erreicht. Dann hat es geheißen, die Konvergenzkriterien sind erreicht, alle Länder haben jetzt ein Defizit von unter 3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes, die Staatsverschuldung geht überall herunter. Dann aber tritt jenes Phänomen ein, daß Sie bei der Agenda 2000 sagen, es gibt noch Länder, die zwar bereits unter den Euroländern sind, die aber nach wie vor Kohäsionsländer sind. Das seien zum Beispiel Spanien, Portugal und Irland. – Österreich bemüht sich, die Konvergenzkriterien zu erreichen, indem es eine Belastung des österreichischen Volkes in der Höhe von 150 Milliarden Schilling gibt – dann aber stimmen Sie von der Bundesregierung zu, daß diese Kohäsionsländer, die bereits in der gemeinsamen Währungsunion sind, noch einmal 246 Milliarden Schilling bekommen!

In Österreich stehen für die Steuerreform lächerliche 30 Milliarden Schilling zur Verfügung, und da stimmen Sie wieder zu, daß die Kohäsionsländer, die ohnedies bereits unter den Ländern, die zur Euro-Währung übergehen, sind, noch einmal 246 Milliarden Schilling bekommen! – Das müssen Sie den Österreicherinnen und Österreichern einmal erklären! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Wirtschaftsminister! Das ist noch nicht das Ende. Es gibt ja jetzt eine eigenartige Diskussion um die "Europasteuer". Da kommt Herr Bösch von den Sozialdemokraten und sagt, die "Europasteuer" ist eine gute Idee. Herr Bundeskanzler Klima sagt, die Europasteuer ist eine gute Idee. Herr Martin sagt, die Europasteuer brauchen wir nicht, aber ich will mit der SPÖ ja ohnedies nichts zu tun haben! – Das kommt mir genauso vor, wie wenn Frau Stenzel immer dann, wenn es in einer Debatte kritisch wird, sagt: Ich bin ja nicht bei der ÖVP, ich bin ja nur Spitzenkandidatin. (Heiterkeit des Abg. Meisinger.) In dieser heiklen Frage müssen Sie vielleicht den Herrn Parteiobmann fragen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Diese Spiele gehen bei der Bevölkerung nicht mehr hinein. Man hat Sie schon längst ertappt! Sie können doch nicht zwei Spitzenkandidaten präsentieren, die mit der Partei nichts zu tun haben wollen. (Abg. Böhacker: Was mich ja nicht wundert!) Präsentieren können Sie sie schon, doch das schaue ich mir an, wie das in der politischen Auseinandersetzung beziehungsweise beim Wähler ankommt. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

In dieser Diskussion um die "Europasteuer", um diese neue, zusätzliche Eigenmittelfinanzierung für die Agenda 2000 werden Sie mit uns noch eine sehr harte Auseinandersetzung auszutragen haben. Wir werden zuerst darauf achten, daß die Österreicher eine gerechte Steuerreform bekommen – und erst dann wird auf die anderen geschaut. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.13


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