Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 169. Sitzung / 57

Bei den Botschafterbesetzungen ist es nicht so sehr um die Besetzungen gegangen, sondern um die Vorentscheidung, die Sie dadurch getroffen haben, daß sie nicht alle ausgeschrieben haben, nicht alle gleichzeitig der Regierung vorgelegt haben, sondern nur manche ausgeschrieben haben und da etwas nachzuholen war, was besser früher geschehen wäre. (Abg. Kiss: Schreiben wir gleich prophylaktisch alle Posten für fünf Jahre aus!) Die Vorgangsweise war der Grund für die Kritik. Diese Vorgangsweise gibt es auch in der Frage der Neutralität und bei den Äußerungen zur NATO und in manchen anderen kleinen Dingen.

Da stellt sich für viele von uns die Frage: Wie leitet dieses Außenamt und der Außenminister die gemeinsame Linie Österreichs in den Institutionen weiter, wenn er selbst in vielen Fällen eine von dieser Linie abweichende Meinung hat? (Abg. Mag. Kukacka: Welche Linie: die Linie Berlin oder die Linie Wien?) Wird er das wirklich bestmöglich vermitteln, wenn er selbst eigentlich etwas anderes haben will?

Oder: Der Verteidigungsminister Fasslabend sagt: Ich glaube, daß die Vorgangsweise, daß man die Überflüge nicht gestattet, einfach nicht im Einklang mit den Gesetzen ist. – Er sagt das, obwohl es klar ist, daß die Gesetze etwas anderes sagen!

Da stellt sich natürlich für einen Partner die Frage: Vertritt, vermittelt das Außenamt das alles noch bestmöglich, wenn es eine Mentalreservation zu manchen Dingen gibt, die man zu vertreten und zu übermitteln hat? (Beifall bei der SPÖ.)

Diese Mentalreservation hat sich in letzter Zeit gesteigert, und zwar zu Aussagen und auch zu einigen Fällen, und darüber, glaube ich, muß man sprechen dürfen. Das sind Fragen der Neutralität, das sind Fragen der EU-Politik, und das ist eine Summe von kleinen Dingen. Darüber muß gesprochen werden, weil es nicht gut ist, wenn aus der Summe dieser Vorfälle plötzlich eine Situation entsteht, die dazu führt, daß kein Konsens mehr in der Außenpolitik da ist. (Abg. Jung: Plötzlich?! Es gab nie einen Konsens!)

Und das, Herr Außenminister, nämlich zu verhindern, daß diese Entwicklung so weitergeht, ist eigentlich Ihre erste Aufgabe. Da müssen Sie sich engagieren. Das erwarten wir von Ihnen, das erwarten wir von Ihnen zu Recht – auch in einer Zeit des Wahlkampfes. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Krüger: Sehr philosophisch!)

11.20

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Jetzt gelangt Frau Abgeordnete Mag. Kammerlander zu Wort. Auch bei Ihnen, Frau Abgeordnete, stelle ich 10 Minuten ein. – Bitte.

11.20

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen! Eine außenpolitische Debatte, im Mai 1999 geführt, muß meines Erachtens zweifellos den Krieg im Kosovo in den Mittelpunkt stellen, denn das, was seit sieben Wochen in unserem südlichen Nachbarland passiert, beschäftigt nicht nur uns alle, sondern wirft natürlich auch eine Reihe von sicherheitspolitischen, aber vor allem auch außenpolitischen Fragen auf.

Jedenfalls zeigen diese sieben Wochen, daß inzwischen mindestens eine Million Menschen zu Flüchtlingen geworden ist. Diese sieben Wochen zeigen aber auch, daß keines der Kriegsziele, die bisher vorgegeben und begründet wurden, erreicht wurde. Weder gelang ein Stopp der Vertreibung der Kosovo-Albaner noch die Rückkehr zum Verhandlungstisch noch konnten Milošević oder die nationalistischen Kräfte in Jugoslawien geschwächt werden. Gleichzeitig – das erleben wir immer wieder – werden die Vereinten Nationen ständig in den Hintergrund gedrängt bis desavouiert.

So stellt sich natürlich die Frage: Was ist das Ziel dieser fortgesetzten Angriffe? Nicht zu Unrecht mehren sich die Stimmen der Kritiker – beginnend bei Mary Robinson bis hin zu Dienstbier –, die in Sondermissionen unterwegs sind und die berechtigte Zweifel an den Zielen dieser Kriegsaktionen anmelden.


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