Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 169. Sitzung / 59

sagen, wir sind neutral, da kann man nichts machen, und das nächste Mal dann wieder davon reden, daß wir in die NATO müssen, daß wir die Bombardements unterstützen, daß wir diese oder jene Beschlüsse mittragen. Dieser Zickzackkurs der österreichischen Außenpolitik in den letzten vier Jahren ist das eigentlich Bedenkliche an dieser Politik! (Beifall bei den Grünen.)

Herr Spindelegger – der jetzt nicht im Saale ist – hat gesagt, die Glaubwürdigkeit der österreichischen Außenpolitik leide darunter, daß wir nicht offen und ehrlich über die Aufgabe der Neutralität und auch über das, was jetzt in Köln ansteht, diskutieren könnten. Ich sage Ihnen, die Glaubwürdigkeit der österreichischen Außenpolitik leidet vor allem unter dem Kurs, den Sie in diesen vier Jahren gefahren haben, unter dem uneinheitlichen und widersprüchlichen Kurs, welchen Sie gefahren haben.

Aber sie leidet auch unter einem, Herr Minister (Abg. Kiss: Unter Einem? Wir leiden alle unter Einem!): Sie haben in den letzten Wochen mehrere Initiativen im Zusammenhang mit diesem Krieg in Kosovo ergriffen. Sie haben uns erzählt, es werde nun die Opposition in allen Bereichen, in allen Regionen in Exjugoslawien unterstützt. Sie haben Djukanović nach Wien eingeladen, Sie haben Gespräche mit ihm geführt, Pressekonferenzen abgehalten, es werden die freien und unabhängigen Medien unterstützt. Das alles sind begrüßenswerte Initiativen, obwohl man in dem einen oder anderen Fall zumindest in differenzierter und kritischer Weise schon eine Frage stellen muß, nämlich die, ob Sie überlegen und bedenken, daß Sie mit solchen Initiativen möglicherweise entweder das Gegenteil auslösen oder eine Dynamik in Gang setzen, die eine Entwicklung beschleunigt, die vielleicht so oder so gegeben wäre.

Nehmen wir Djukanović. Er ist jemand, der sich von dem Regime Milošević losgesagt hat, er ist jemand, der in Opposition zu dem Regime Milošević steht, er ist jemand, der stark unter Druck geraten ist. Es ist möglicherweise eine richtige Geste, ihn einzuladen und mit ihm eine Pressekonferenz zu machen, aber es stimmt mich bedenklich, wenn ich dann lese, daß er jetzt wegen Hochverrates angeklagt werden soll.

Was ich damit meine und ausdrücken will, ist (Zwischenruf des Abg. Kiss) – lassen Sie mich in Ruhe ausreden –, daß Sie es vier Jahre lang verabsäumt haben, solche Schritte zu setzen (Abg. Tichy-Schreder: Das ist ja nicht wahr, Frau Kammerlander!), daß Sie das vor vier Jahren hätten tun sollen. (Vizekanzler Dr. Schüssel: Aber ich bitte Sie! – Abg. Tichy-Schreder: Das stimmt doch nicht! Das ist nicht richtig! Sie sind nicht auf dem laufenden! Sie könnten das besser wissen!) Vor vier Jahren hätten Sie die Opposition in Exjugoslawien unterstützen sollen. (Beifall bei den Grünen.) Vor vier Jahren hätten Sie die freien Medien unterstützen sollen. Vor vier Jahren hätten Sie dafür sorgen sollen, daß Rugova jene Plattform bekommt, die notwendig gewesen wäre, um eine tatsächliche Friedenspolitik in Exjugoslawien durchzuführen. Jetzt ist es möglicherweise zu spät. Jetzt ist möglicherweise eine Dynamik in Gang gesetzt worden, die das kaum mehr möglich und kaum mehr durchführbar macht.

Sie schreiben in Ihrem Außenpolitischen Bericht, daß es ein österreichisches Bestreben ist, die Rolle Europas bei der Bewältigung dieses Konfliktes zu stärken, aber ich denke mir, es geht nicht nur darum, sie zu stärken, sondern darum, wirklich eine eigene Rolle herauszubilden.

Da frage ich mich aber dann – und diese Frage ist auch von meinen Vorrednern aufgeworfen worden –: Wie stehen Sie zu den Vorbereitungen der deutschen Ratspräsidentschaft für den Gipfel in Köln? Da ist keine Rede mehr davon, daß eine europäische Außenpolitik herausgebildet und gestärkt werden soll, sondern es ist ganz klar die Rede davon, daß die europäische Außenpolitik einer gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik untergeordnet werden soll und daß sie eher früher als später der Sicherheits- und Verteidigungspolitik der NATO untergeordnet werden soll. Es kann also keine Rede sein von einer eigenständigen Außen- und Sicherheitspolitik Europas!

Wie stehen Sie dazu, Sie, als Außenminister (Vizekanzler Dr. Schüssel: Positiv!), oder der heute nicht anwesende Bundeskanzler? (Vizekanzler Dr. Schüssel: Positiv!) Das würde uns interessieren. Und wenn Sie sagen, Sie stehen positiv dazu, dann kann ich Ihnen nur sagen,


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