Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 169. Sitzung / 66

Am Ende – Datum: Ende 2000 – werden die notwendigen Beschlüsse zu fassen sein, die wahrscheinlich heißen werden, daß die WEU in ihren Hauptfunktionen in die Europäische Union übernommen wird. Es gibt bereits eine gemeinsame Meinung der Regierungsparteien, daß wir an einer solchen Verschmelzung solidarisch mitwirken werden. (Abg. Scheibner: Die Meinung wäre interessant!) Der Zeitpunkt ist noch offen, aber die Aussage ist gemeinsam abgestimmt, daß wir dann daran militärisch teilnehmen werden. Die Frage Artikel 5 ... (Abg. Scheibner: Das ist ein Militärpakt, die WEU! Wie geht das?) Nein, Kollege Scheibner, das ist nicht korrekt. (Abg. Schieder: Er hat "EU" gesagt! – Abg. Scheibner: Nein, WEU!) Die Frage Artikel 5 ist bisher nicht automatisch angesprochen. Das wird aber ein Thema sein.

Deswegen plädiere ich dafür, weil man eine ehrliche Diskussion führen muß. Wir können diese Diskussion jetzt nicht fünf Jahre lang ausblenden, das geht nicht. Wir sind mitten drin, wir haben sie sogar gestartet. Unter österreichischem Vorsitz haben zum ersten Mal die Regierungschefs – 11 davon Sozialdemokraten –, die Außenminister – darunter gibt es zwei Christdemokraten, Abdel Matutes und mich, also sind wir dort nicht in der überwältigenden Mehrheit – und zum ersten Mal die Verteidigungsminister darüber diskutiert. Wir sind weiter, als wir glauben. Wir haben in Österreich die Verfassungsmöglichkeit, wir haben das Neutralitätsgesetz dadurch adaptiert. Wir können solidarisch sein, und wir sollten uns viel unbefangener in diese Diskussion hineinbewegen.

Daher folgender Vorschlag, denn irgendwie möchte ich aus dieser Pattstellung herauskommen: Warum machen wir nicht einen neuen Anlauf zum Optionenbericht? – Wenn er an der Frage gescheitert ist, ob wir für alle Optionen einschließlich NATO-Mitgliedschaft offen sind, machen wir doch folgendes: Drehen wir die Sache um, sagen wir, daß wir für alle Optionen offen sind, wobei keine Möglichkeit ausgeschlossen werden soll, und nehmen wir uns vor, daß wir nach den Wahlen, in ruhiger Zeit, die Bedingungen für diese Option festlegen, die dann, so wie Finnland, jedes Land für sich selbst entscheiden wird. Finnischer Premierminister: Auch Finnland hat die Option, an der Allianz teilzunehmen, aber das wird unsere eigene Entscheidung sein.

Ich biete daher an, daß wir den Optionenbericht noch einmal aufgreifen (Abg. Scheibner: Es wäre höchste Zeit, Herr Außenminister!), vielleicht mit dieser einen Änderung: Keine Option ausschließen, weil das unehrlich wäre, aber auch jetzt keine Option fixieren, weil das nicht notwendig ist. (Abg. Scheibner: Wir reden darüber im Ausschuß! Wir brauchen es nur zu beschließen!) Zuerst geht es über den europäischen Sicherheitsverbund, und dann kann und soll Österreich eine eigenständige Entscheidung treffen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich habe mir das lange überlegt, weil ich – ich sage das ganz offen – an einer gemeinsamen Außen- und Europapolitik allerallergrößtes Interesse habe. Wir sind ein kleines Land, und wir sind verloren, wenn wir nicht nach innen und nach außen mit einer Stimme reden. Außerdem sage ich ganz offen: Die Österreicher erwarten das, und zwar zu Recht, von uns. Da muß jeder seine Eitelkeiten zurückstellen, da muß es einen Weg und eine Brücke geben, die uns guttut.

Einen letzten Punkt muß ich zur Sprache bringen, weil Herr Abgeordneter Scheibner gesagt hat, daß wir keine österreichischen Interessen in Europa vertreten können. (Abg. Scheibner: Können schon! Sie tun es aber nicht!) Bitte, das ist ja nicht wahr! Sie haben doch gut begonnen, bleiben Sie jetzt auch bei dieser gemeinsamen Linie! Wir haben in Europa doch viel mehr erreicht, als ihr je geglaubt habt! (Beifall bei der ÖVP.)

Dann sage ich es eben ein wenig scherzhaft mit einem wörtlichen Zitat. Glauben Sie wirklich, daß jemand österreichische Interessen in Europa besser vertritt, der so wie Jörg Haider im Mai 1999 noch immer die Schildläuse im Joghurt sucht und jetzt gesagt hat: Man findet sie nicht, weil es auf den spanischen Joghurtbechern in Spanisch draufsteht, und das kann man nicht übersetzen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Scheibner: Was sagen Sie zu Ihrer Linie in der Osterweiterung? Was ist mit 2045, wie es der Gewerkschaftsbund sagt? In dem Zeitraum?)

Gut, Osterweiterung! Na bitte, Herr Abgeordneter Scheibner, wenn das kein österreichisches Interesse ist, das in dem Zeitplan, der vor uns liegt – ein mittelfristiger Zeitraum – umzusetzen! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Scheibner.) Ich erinnere Sie daran, was Haider gesagt hat.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite