Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 169. Sitzung / 68

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Höchtl. Gewünschte Redezeit: 6 Minuten. – Bitte.

12.04

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Höchtl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieser Bericht, die Diskussion und die jetzige Stellungnahme des Außenministers haben wieder eines gezeigt: Österreich betreibt eine sehr konsequente, mit Leidenschaft, mit Verve, mit Überlegung und mit langfristiger Strategie verbundene Außenpolitik. Das ist das, was ein Staat wie Österreich braucht. Dafür stehen wir, und dazu sagen wir auch jeweils ein eindeutiges Ja! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die führenden Persönlichkeiten dieser Zweiten Republik haben auch immer ein eindeutiges Ja zum Recht und gegen Unrecht, wo immer Unrecht vorgefallen ist, gesagt. Sie haben immer ein Ja gesagt zu den Bedingungen, in denen die Menschen in Freiheit leben können, und haben sich immer gegen alle Formen der Diktaturen gewehrt. Wir sind immer gegen diejenigen aufgetreten, die vertreiben, und haben uns immer auf die Seite der Vertriebenen gestellt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir waren immer auf der Seite der Opfer und haben jene bekämpft, die die Verbrecher waren (Abg. Scheibner: Aber warum haben Sie immer dagegen gestimmt?) – sei es jetzt im Kosovo, seien es in der Tschechoslowakei oder in Jugoslawien die furchtbaren Bedingungen der Beneš-Dekrete oder der AVNOJ-Bestimmungen. In diesem Kampf gegen die Beneš-Dekrete und gegen die AVNOJ-Bestimmungen hat uns niemand übertroffen. Wir sind mit voller Überzeugung für die Aufhebung dieser Bestimmungen! (Beifall bei der ÖVP. – Widerspruch bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin ein Sohn von Eltern, die im Jahre 1945 gewaltsam aus Südmähren vertrieben worden sind. Mir können Sie abnehmen, daß das Schicksal meiner Eltern genauso furchtbar war wie das Schicksal der anderen 3,2 Millionen vertriebenen Menschen, die gewaltsam, die brutal, von heute auf morgen, aus ihrem angestammten Heimatland hinausgetrieben worden sind. Dabei sind 240 000 dieser Menschen brutal umgebracht worden. Für uns war jeweils eine Überzeugung gegeben: Unrecht bleibt Unrecht, auch wenn es bereits 54 Jahre her ist. Dazu stehen wir! Das ist unsere Überzeugung! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieses Kapitel der Vertreibung, der Tötung, der Enteignung von 3,2, ja insgesamt 3,5 Millionen Sudetendeutschen ist eines der dunkelsten Kapitel in der Geschichte Europas. Diese Enteignung, diese Ermordung, diese Vertreibung von Kindern, von Frauen, von Männern aus ihrer Heimat bleibt eine offene Wunde und fordert uns alle heraus, alles zu tun, um gegen die Legitimierung dieser Aktion, die den Beneš-Dekreten zugrunde liegt, zu kämpfen. Das ist unser Auftrag als Demokraten, als Personen, die für Freiheit eintreten, die für Menschenrechte eintreten und die für das Völkerrecht eintreten! (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Professor Ermacora, der lange Zeit hier im Haus Großes geleistet hat, hat vor wenigen Jahren in einem Gutachten festgestellt, diese damaligen Beneš-Dekrete waren schon zum Zeitpunkt der Erlassung völkerrechtswidrig und menschenrechtswidrig. Sie sind mit einem europäischen Rechtsstandard nicht vereinbar. – Eine Haltung, die von uns klar zum Ausdruck gebracht wird. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP.)

Aber – und ich sage das auch deutlich – weder in Österreich noch in den Nachbarländern sollen diese historischen Probleme den Extremisten, den Nationalisten oder Altkommunisten als Vorwand für feindliche Stimmung dienen. Deswegen freut es mich ganz besonders, meine sehr verehrten Damen und Herren, daß die beiden Regierungsparteien gemeinsam einen Antrag erarbeitet haben, und ich möchte diesen Entschließungsantrag heute hier einbringen, der da lautet:


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