Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 169. Sitzung / 71

kann. Und darunter soll Österreich leiden, meine Damen und Herren? – Das darf doch nicht der Fall sein! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die NATO hat unter dem Druck der USA in der Kosovo-Frage unbestreitbar viele und schwere Fehler gemacht. Schuld daran trägt vor allem eine Frau, die an der Spitze des US-Außenministeriums steht, die alle Warnungen der Fachleute, vor allem der Militärs, in den Wind geschlagen hat. Aber die SPÖ sieht darin weniger die europäische Tragödie der Abhängigkeit von den Vereinigten Staaten als eine Chance, aus Anti-US-Stimmung politisches Kleingeld zu wechseln. Das ist nicht der richtige Weg, meine Damen und Herren!

All das geschieht ohne Rücksicht darauf, daß damit ein Diktator wie Milošević gestärkt wird und daß man Österreichs Zuverlässigkeit in der westlichen Wertegemeinschaft untergräbt. Und in dieser Politik, in dieser Außenpolitik, geben nicht Sie, sondern der Kanzler – und zwar höchst doppelzüngig – die Linie vor.

Der Kanzler unterstützt die EU, von der alle – auch militärische – Maßnahmen der NATO gemeinsam gebilligt wurden. Ich lese vor: Die Staats- und Regierungschefs – meine Damen und Herren von der SPÖ, das hat der Kanzler unterschrieben! – sind der Auffassung, daß der Einsatz schärfster Maßnahmen, einschließlich militärischer Aktionen, notwendig und gerechtfertigt war. – Richtig!

Beim Parteitag der SPÖ sagt er: Schluß mit den Bombardements und Frieden für ganz Europa, und zwar ohne Vorbedingungen! – Ja, meine Damen und Herren, ist das Konsequenz? Nennen Sie das Konsequenz, oder hat er auf dem Flug von Berlin hierher vergessen, was er dort unterschrieben hat? – Nein, das kann ich mir nicht vorstellen, also ist es Doppelzüngigkeit! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Der Kanzler genehmigt den Einsatz österreichischer Hubschrauber in Albanien, die dort Verbindungsflüge für ein NATO-Kommando fliegen, dem die österreichischen Soldaten unterstellt sind, und daheim predigt er die Neutralität. Was ist das anderes als Doppelzüngigkeit, meine Damen und Herren von der SPÖ? (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen.)

Der Kanzler ruft anläßlich der Katastrophe in Galtür die NATO-Hubschrauber zu Hilfe, verbietet aber gleichzeitig NATO-Kräften, die zu einer Evakuierungs- und Rettungsübung fahren wollen, das Durchfahren durch Österreich. – Das ist Doppelzüngigkeit, meine Damen und Herren von der SPÖ!

Und letztlich fordert der Kanzler eine aktive Neutralitätspolitik – was immer das auch sei. Gleichzeitig wird aber – und daran tragen Sie mit Schuld, Herr Außenminister – die österreichische Botschaft in Belgrad geschlossen und der österreichische Botschafter vorher schon als EU-Vertreter, als österreichischer Botschafter massiv mißbraucht. Denn es verträgt sich nicht, Botschafter eines neutralen Landes zu sein und gleichzeitig für die EU Druck auf das Gastland auszuüben.

Die Antwort darauf haben wir schon bekommen. Daß Vranitzky als Vermittler abgelehnt wurde, ist nicht zuletzt deshalb geschehen, weil wir dort nicht mehr als neutral gelten. Da können Sie sagen, was Sie wollen.

Ich zitiere Ihnen den finnischen Regierungschef. Lipponen definiert den Status Finnlands als nicht mehr neutral, denn "wir nehmen an der EU-Solidarität teil". – Herr Minister! Das ist anständige Außenpolitik, aber nicht das, was wir in diesem Zusammenhang machen: Neutralität predigen und in Wirklichkeit nicht mehr neutral sein! Das ist die Realität! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es stellt sich dann nur die Frage: Wer macht eigentlich die österreichische Außenpolitik, Herr Außenminister? Wir räumen unsere Botschaft in Belgrad, unter anderem deshalb, weil es, wie wir heute gehört haben, dort zu gefährlich geworden ist, weil Drohungen gegen den Botschafter und einzelne andere Personen ausgestoßen wurden. Wenn das der Maßstab für das Räumen einer Botschaft wäre, dann dürften die USA die Hälfte ihrer Botschaften auf der ganzen Welt


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