Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 169. Sitzung / 75

Meine Damen und Herren! Wir haben gerade ein unerquickliches Geplänkel im Zusammenhang mit dem Europaabgeordneten Swoboda erlebt. Er möchte Außenminister werden – das ist sein gutes Recht, das kann er sich wünschen –, aber wenn er derart massiv in einen großen Streit zwischen Klima und Schüssel, zwischen Bundeskanzler und Außenminister, eingreift, muß er natürlich damit rechnen, daß er, bildlich gesprochen, Ohrfeigen abbekommt.

Aber es ist doch verwunderlich, daß Klima und Schüssel gleichzeitig Figl entdecken, aber jeder diesen sehr berühmten Außenminister für sich und für seine Argumentation anführt, warum wir einerseits sehr wohl neutral sind und sein wollen beziehungsweise andererseits schon längst nicht mehr neutral sein müssen und die Neutralität nicht mehr brauchen.

Meine Damen und Herren! Die Neutralitätspolitik ist heute eine Politik nach dem Motto "Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht naß!", denn in Wirklichkeit haben wir uns von der Neutralität schon verabschiedet. Nur die Bundesregierung tut, weil sie in dieser Frage populistisch vorgehen muß, noch so, als seien wir neutral. Sie hört sich um im Volk, und weil es möglicherweise noch eine Mehrheit von "Neutralistischen" im Volk gibt, glaubt sie, verbal noch die Neutralität predigen zu müssen. In Wirklichkeit aber wird in dieser Angelegenheit bereits ganz anders gedacht und gehandelt.

Die ÖVP sagt, die Aufgabe der Neutralität und der NATO-Beitritt seien die Zukunft. Klima gibt seine Unterstützung für das Bombardement in Serbien und im Kosovo. Gleichzeitig wird die Botschaft geschlossen, gleichzeitig gibt es ein Diskussionsverbot über die Neutralität, gleichzeitig gibt es ein Handelsembargo für Serbien! – Meine Damen und Herren! Das ist ein Kauderwelsch in der österreichischen Außenpolitik, das wir so nicht hinnehmen können! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Herr Minister! Sie sind zuständig dafür. Sprechen Sie ein klares Wort oder treten Sie ab und sagen Sie, das machen ohnehin Klima und Swoboda für mich! – Das ist ein Vulgärpopulismus, ein Neutralismus, dem einfach der Hintergrund fehlt.

Übrigens haben es ÖVP und auch SPÖ zu verantworten, daß wir keine leistungsfähige Landesverteidigung haben. Sie haben sie demontiert, und zwar nicht nur budgetär, sondern sie haben sie auch inhaltsleer gemacht, da man nun nicht mehr weiß, wozu man dieses Heer noch verwenden soll, wenn man die Neutralität aufgibt und den gemeinsamen großen europäischen Sicherheitsweg beschreitet.

Nun ein paar Gedanken zur Sicherheitspolitik. Wir Liberale bekennen uns klar zu einem europäischen Sicherheitssystem. Wir bekennen uns zu einem europäischen Heer mit Qualität. Wir bekennen uns also auch zur Bereitschaft, die nationalen Heere aufzulösen, sobald wir ein gemeinsames Sicherheitskonzept haben.

Es geht darum, ein gemeinsames europäisches Sicherheitskonzept, eine gemeinsame europäische Verteidigung zu schaffen und natürlich auch eine Verschmelzung von WEU und Europäischer Union zu erreichen. Dazu ist jedoch ein klarer Beschluß der Bundesregierung notwendig, es gehört eine klare Vorlage ins Parlament, damit wir darüber befinden können, aber nicht ein Herumschwindeln im nebulosen Raum.

Gemeinsame Sicherheitspolitik bedeutet eben auch eine gemeinsame Verteidigungspolitik, bedeutet ein gemeinsames Heer. Ich erinnere an die Aussage von Prodi, die er vor einigen Tagen, nämlich am 10. Mai, gemacht hat.

Meine Damen und Herren! Die Flüchtlingspolitik, die in unserem Lande durch die Ereignisse der letzten Wochen leider Gottes wieder aktuell geworden ist, ist ebenfalls im Amsterdamer Vertrag als gemeinsame europäische Flüchtlingspolitik festgeschrieben. – Herr Minister! Ich hätte Sie gerne gefragt, welche Initiativen Sie in diesem Zusammenhang für eine gemeinsame Flüchtlingspolitik gesetzt haben? Wissen Sie, wie gering die Aufnahmequoten für Flüchtlinge aus dem Kosovo sind? Sie wissen genauso gut wie wir, daß die Hauptlast dieses Flüchtlingsstromes bei den ärmsten Ländern Europas liegt, nämlich bei Mazedonien, bei Albanien und auch beim Montenegriner, Herrn Djukanović, den Sie gerade zu Gast hatten.


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