Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 169. Sitzung / 82

13.01

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ): Herr Vizekanzler! Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Offensichtlich hat Klubobmann Khol dieses Podium mit einem Wahlkampfpodium verwechselt. Herr Kollege Khol, auch im Wahlkampf, in dem Sie sich offensichtlich schon befinden, sollte man sich nicht dazu hinreißen lassen, den Begriff "Sicherheitslüge" zu verwenden – noch dazu unverhohlen dem Koalitionspartner anheimgestellt! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Kollege Khol! Wenn Sie schon zu solchen Begriffen Zuflucht suchen, dann lassen Sie mich von meiner Seite aus mit aller Deutlichkeit folgendes sagen: Ehrlichkeit, gerade in der Sicherheitsfrage, und zwar in der politischen Sicherheitsfrage, ist das, was die Österreicherinnen und Österreicher vor und nach dem 3. Oktober mit Recht einfordern.

Eine Partei, die in den letzten Jahren (Zwischenruf des Abg. Scheibner) immer wieder gesagt hat, ja, wir wollen in die NATO – Herr Bundesminister und Vizekanzler Schüssel hat vor wenigen Monaten, Anfang Februar, gesagt: Unsere Zukunft ist die NATO –, aber dann nein sagt, wir wollen nicht in die NATO, ist eines mit Sicherheit nicht: Ehrlich! (Beifall bei der SPÖ.) Und ich sage Ihnen mit aller Deutlichkeit, meine Damen und Herren: Diesen Zickzackkurs werden wir als sozialdemokratische Fraktion mit Sicherheit nicht mittragen! (Beifall bei der SPÖ.)

Unser Angebot war es, die Neutralität für fünf Jahre außer Streit zu stellen. (Unruhe in den Reihen der ÖVP.) Sie wollen vor dem 3. Oktober nicht über einen NATO-Beitritt reden, ihn aber nach dem 3. Oktober ausverhandeln – sei es direkt oder im Zusammenhang mit der Mitgliedschaft Österreichs in der Europäischen Union. Das wird jedoch nicht stattfinden! (Beifall bei der SPÖ.)

Lassen Sie mich noch zu den Fakten sprechen. Wenn Sie Artikel 17 des Vertrages von Amsterdam diskutieren, dann lassen Sie sich in diesem Zusammenhang auch sagen, daß dieser Vertrag von Amsterdam einen entsprechenden Beschluß der Europäischen Union und die Zustimmung jedes einzelnen Mitgliedstaates der Europäischen Union – auch dieses Hauses! – voraussetzt. (Abg. Dr. Maitz: Aber nur bei Militär...!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! (Zwischenruf des Abg. Scheibner.) – Das stimmt so! (Abg. Scheibner: Das ist falsch!) Daher ist mit Ihnen mit Sicherheit eines auszumachen, nämlich daß wir der NATO nicht beitreten werden, ohne daß es vorher eine entsprechende Entscheidung dieses Hauses und auch der österreichischen Bevölkerung gegeben hat. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Sie werden dieses Land nicht an einer demokratischen Entscheidung vorbeischwindeln – auch wenn Sie es noch so sehr versuchen. (Beifall bei der SPÖ.)

Zu dem, was Sie, Herr Kollege Khol, in diesem Zusammenhang über das Positionspapier der deutschen EU-Präsidentschaft gesagt haben (Unruhe im Saal – Präsident Dr. Brauneder gibt das Glockenzeichen), darf ich Ihnen die österreichische Position, abgestimmt mit Schweden und Finnland, darlegen: Wir haben deutlich gesagt, daß die Entscheidungen diesbezüglich noch nicht gefällt sind und ohne unsere Neutralität auch nicht gefällt werden können. Wir lassen uns auf diese wirklich doppelbödige Art und Weise nicht in eine die Neutralität verletzende NATO-Position hineinziehen, was Sie jedoch offensichtlich versuchen. Ehrlichkeit ist angesagt! (Beifall bei der SPÖ. – Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.)

Und wenn wir schon von Ehrlichkeit reden, Herr Kollege Khol (Zwischenruf des Abg. Dr. Schwimmer), dann darf ich auch die Frage stellen, was denn die Aufforderung zu einem neuen Optionenbericht soll. (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Brauneder gibt neuerlich das Glockenzeichen.)

Wissen Sie, Herr Vizekanzler, Ihr Anbot, das Sie gemacht haben, erinnert mich ein bißchen an den Grundsatz: Alles ist möglich, nichts ist fix! (Abg. Dr. Khol: Der Cap hat schon zugestimmt! – Abg. Kiss: Cap hat es gutgeheißen!) Was ist denn das für eine Außenpolitik, die sich in dieser wichtigen Frage nicht positioniert? (Zwischenruf des Abg. Haigermoser.)


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