Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 169. Sitzung / 84

die Problematik der Volksgruppen, der Altösterreicher deutscher Zunge jenseits der Grenzen, werden mit keinem Wort erwähnt. Wer setzt sich wirklich mit dem Schicksal der – je nach Lesart – noch immer 60 000 bis 200 000 Altösterreicher deutscher Muttersprache in der Tschechischen Republik auseinander? Wer mit dem der Altösterreicher deutscher Muttersprache in der Slowakei? Wer setzt sich mit der Situation der Minderheit der Altösterreicher deutscher Zunge in Ungarn und Rumänien auseinander? Wer mit Slowenien und mit ... (Abg. Smolle: Am letzten Samstag hast du gefehlt! Ich war bei eurer Veranstaltung!) – Bei unserer Veranstaltung bist du gewesen, hier aber hättest du reden können! Du bist ja nicht Außenminister, Karl, und du wirst es auch nicht so bald werden. (Heiterkeit bei den Freiheitlichen.)

Der Außenminister hat das zu verantworten, was heute hier diskutiert wird. Ich bemängle, daß es rund um Österreich, nämlich in Slowenien – das wird dich vielleicht besonders berühren –, in Kroatien, in Ungarn, in Rumänien, in der Slowakei und in der Tschechischen Republik Zehntausende, Hunderttausende Altösterreicher deutscher Muttersprache gibt, die in manchen dieser Staaten null Rechte haben. Null Rechte! Dazu möchte ich einmal von dir etwas hören!

Wenn es darum geht, etwa in der Tschechischen Republik (Abg. Smolle: Du warst nicht bei der FPÖ-Veranstaltung!), etwa in Slowenien etwas zu tun, dann möchte ich gerne einmal von dir, Karl, hören, daß du von diesem Rednerpult aus sagst, du wünscht dir, daß die dir so nahestehende slowenische Regierung in Laibach endlich einmal auch nur ein Minimum an Rechten für die dort lebenden Österreicher einführt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Nichts ist damit! Du bist für alle anderen da, du bist für alles andere zuständig. Schüssel erklärt sich für alles zuständig, die außenpolitischen Sprecher der Regierungsparteien sind für alles zuständig, aber für die Rechte der Altösterreicher deutscher Zunge jenseits der Grenzen ist niemand zuständig! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Smolle: ... Das ist der Unterschied!)

Daran kann auch der Umstand nichts ändern, daß sich die ÖVP und die SPÖ sehr spät einen Antrag betreffend die Beneš-Dekrete aus dem Steiß gezogen haben, den wir jetzt auf dem Tisch liegen haben. (Abg. Schieder: Na bitte!) Jetzt gibt es diesen Antrag. – Das war jetzt ein hartes Wort. Ich bitte um Nachsicht, es ist in der Hitze des Gefechtes gesagt worden. Peter Schieder, ein weiser Mann in außenpolitischen Angelegenheiten, hebt den Finger. Er hat recht! Ich bitte um Nachsicht, es war nicht böse gemeint. (Abg. Smolle: Ordnungsruf!)

Es liegt jedoch ein Antrag auf dem Tisch, der nach dem Motto formuliert ist: Wasch mir den Hals und mach mich nicht naß! Es ist ein forscher Antrag; nur, wenn man nachliest, was verlangt wird, dann bemerkt man, daß nichts darin enthalten ist. Man kommt mit schönen, freundlichen Worten gegenüber jenen Staaten jenseits der Grenze, die den Österreichern deutscher Zunge ihre Rechte verweigern, hat aber den Schlüssel zur Lösung des Problems selbst in der Hand. Man bittet höflich, die Türen aufzumachen, die Türen zu Mindestrechten, die Türen auch, die da heißen: Abschaffung der menschenrechtswidrigen Beneš-Dekrete, Abschaffung der menschenrechtswidrigen AVNOJ-Bestimmungen. Man bittet, man möge doch etwas tun. Aber man hat doch den Schlüssel selbst in der Hand, den Schlüssel, auf den uns das Europäische Parlament hingewiesen hat. Es ist eine Schande, daß uns das Europäische Parlament darauf hinweisen muß und daß es nicht umgekehrt geschehen ist!

Der Schlüssel lautet: Noch immer gibt es den Grundsatz der Einstimmigkeit in der Europäischen Union, wenn auch, wie man hört, gerade die Österreicher nicht abgeneigt sein sollen – ausgerechnet wir, das kleine Österreich! –, vom Einstimmigkeitsprinzip abzugehen. – Noch gibt es dieses Einstimmigkeitsprinzip! Wir haben es daher in der Hand, den Schlüssel zu nehmen und die Tür in Richtung Abschaffung dieser menschenrechtswidrigen Bestimmungen, die noch immer dem Rechtsgut der Tschechischen Republik und der Slowenischen Republik angehören, aufzusperren und darauf zu bestehen, daß den Altösterreichern deutscher Zunge in all diesen Staaten Mindestrechte eingeräumt werden, so wie es die Ungarn gegenüber der Slowakei durchgesetzt haben. Die Ungarn haben es geschafft, daß die Slowakei in den zweiten oder dritten Rang unter den beitrittswilligen Ländern zurücktreten mußte, eben weil sich die Slowaken nicht darauf verstanden haben, den Ungarn entsprechende Minderheitenrechte einzuräumen. (Abg. Dr. No


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