Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 169. Sitzung / 95

Meine Damen und Herren! Angesichts der Veränderungen in Tschechien zu dieser Frage glaube ich nicht (Abg. Mag. Schweitzer: Was sagst du zu den Landtagsbeschlüssen?), daß nichts erreicht wurde und daß wir nicht ernstgenommen werden, ganz im Gegenteil – von der Regierungsbank wurde es bereits zweimal erwähnt (Abg. Aumayr: Zickzack! Zickzack!) –: Mit einer ganz knappen Mehrheit, meine Damen und Herren, hat sich der tschechische Ministerrat für den Weiterbau entschieden, und ich bin überzeugt davon, daß in dieser Frage noch nicht das letzte Wort gesprochen ist.

Liebe Anneliese! Du kannst dich jederzeit zu Wort melden. Ich habe keine kurze, aber immerhin doch zeitlich beschränkte Redezeit, und ich möchte davon Gebrauch machen. Entschuldige daher, daß ich mich in dieser Frage nicht auf einen Disput mit dir einlasse.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir haben über Temelin, Mochovce und die östlichen AKWs in diesem Saal bereits so oft diskutiert, daß es müßig ist, all das, was an Fakten eingebracht wurde, auch heute wiederzukäuen. Es geht vielmehr darum, nach diesem tatsächlich knappen Abstimmungsergebnis in Tschechien darüber nachzudenken, wie wir weiter vorgehen sollen, wo wir den politischen Hebel in Tschechien, auf europäischer Ebene ansetzen können.

Ich möchte daher den Inhalt meiner letzten Presseaussendung zu diesem Thema auch in dieser Debatte nochmals unterstreichen: Wir von der SPÖ sind auf alle Fälle gewillt – Regierung und auch Parlament –, alles und gerade jetzt erst recht zu unternehmen, um den Weiterbau von Temelin zu verhindern. Dazu ist es in erster Linie erforderlich, den internationalen Druck, sprich: den Druck der Europäischen Union auf Tschechien zu erhöhen. (Abg. Aumayr: Österreich!) – Höre bitte zu, du wirst alles erfahren, was ich dazu zu sagen habe.

Auf europäischer Ebene sollte so rasch wie möglich ein Ministerrat anberaumt werden, auf dessen Tagesordnung auch das Thema Temelin steht, und zwar mit dem Schwerpunkt Strahlensicherheit, meine Damen und Herren! Es ist das natürlich ein bißchen komplizierter, als sich hinzustellen und einfach nein zu sagen oder etwas zu junktimieren. Wir stellen ganz konkrete Forderungen: Wir sagen nicht nein (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen), sondern Tschechien wird erst dann beitreten können, wenn die westlichen Sicherheitsstandards bei Temelin erfüllt werden. Das kostet entweder viel Geld, oder Temelin wird nicht in Betrieb gehen, oder Tschechien geht nicht in die Europäische Union! Das sollte einmal in dieser Form ausgesprochen werden.

Bei dem Gespräch, das wir, lieber Kollege Karl Schweitzer, Ende Juni, glaube ich, jetzt endlich in Tschechien führen werden, werde ich genau diese Haltung und Auffassung vertreten, sehr unmißverständlich, aber eben auch mit dem notwendigen diplomatischen Gespür, das man unseren Nachbarn einfach entgegenbringen muß.

Der Ministerrat müßte, wie gesagt, einen Beschluß über die mangelnde Sicherheit von Temelin zustande bringen. Es liegen ja ausreichend viele Gutachten dafür vor, und das noch dazu vor dem Hintergrund – ich darf daran erinnern –, daß der EU-Rat im Dezember eine Schlußfolgerung verabschiedet hat, in der festgehalten wird, daß den Beitrittswerbern westeuropäische Standards für ihre AKW vorgeschrieben werden. Das ist ja nicht einfach irgend etwas!

Zum zweiten scheint es mir wichtig zu sein, daß in ebendiesem Ministerrat ein weiteres Ergebnis erreicht wird, nämlich die Anerkennung von Temelin als Stranded Investment – es geht bei diesem Kraftwerksbau ja auch um sehr viel Geld –, und zwar in der Form, daß die Ausgleichszahlungen bereits dann, wenn der Baustopp verfügt wird, sofort zu fließen beginnen. Das wäre ebenfalls ein Denkanstoß in diese Richtung.

Drittens, meine Damen und Herren, sollten und dürfen wir die Gespräche auf bilateraler Ebene nicht abreißen lassen. Ich weiß aus vielen Pressemeldungen, aber auch aufgrund direkter Information aus den Ministerien, daß gerade auf Regierungsebene in den letzten Wochen und Monaten sehr gute, sehr intensive Gespräche geführt wurden, und das hat sicher auch zum Umdenken in der tschechischen Regierungsriege beigetragen.


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