Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 169. Sitzung / 97

Beitrittszeitpunkt nachweisen, sollen sie beitreten können. In Wirklichkeit sagt er damit, sie sollen nicht beitreten, denn es ist vollkommen klar, daß Tschechien in dieser Situation, wenn es etwa Kapazitäten ersetzen will – und in diesem Zusammenhang geht es ja um mehrere AKW, hier geht es ja darum, daß noch andere Änderungen gemacht werden –, für diese Umstellung die Unterstützung der Europäischen Union braucht. Eine solche Unterstützung wird Tschechien aber nur erhalten, wenn es Mitglied der Europäischen Union ist. (Abg. Mag. Schweitzer: Es gibt ja auch genug Vorbeitrittsprogramme!) Solange es nicht wirklich dabei ist, wird sich das so für Tschechien nicht rechnen. (Abg. Mag. Schweitzer: Es gibt ja auch Vorbeitrittsprogramme!)

Wenn wir daher, so wie du, Karl, das vertrittst, den Tschechen sagen, sie müssen zuerst einmal ihren Ausstieg nachweisen, und erst danach werden wir mit ihnen darüber reden, ob sie überhaupt beitreten können und die entsprechenden Förderungen bekommen, dann werden sie es sich nicht leisten können. Wenn sie es sich aber nicht leisten können, dann werden sie immer draußen bleiben. Damit erreichst du das, was die FPÖ überhaupt erreichen will, nämlich keine Erweiterung der Europäischen Union, weil sie die Osterweiterung generell ablehnt.

Wir sagen: Temelin entspricht nicht den westlichen Sicherheitsstandards! Das ist unbestritten. Neben dem ökonomischen Unsinn, den es darstellt, entspricht es nicht den Sicherheitsstandards. Als BRD und DDR sich vereinigt haben – damals ist ja in Wahrheit, so könnte man sagen, die DDR der EU beigetreten –, hat man die deutschen Sicherheitsregelungen auch auf die Ost-AKW angewandt. Das waren ja damals genauso Ost-AKWs. Und siehe da: Kein einziges von ihnen ist ans Netz gegangen! Der Reaktor Stendal, der mit Temelin vergleichbar ist, ist überhaupt völlig stillgelegt worden.

Wenn das nun also der Fall ist, dann wäre es doch sinnvoll, zu sagen: Erstens, wir wollen zwar Tschechien dabei haben, aber seine AKW müssen den westlichen Sicherheitsstandards entsprechen. Das ist auch schon klar formuliert worden, und es schafft eine völlig andere Atmosphäre, wenn wir sagen, wir wollen Tschechien in der Europäischen Union, aber es muß einfach die Gefährdungen, die vom AKW Temelin ausgehen, abstellen.

Nun können die Tschechen natürlich Unsummen an Geld investieren, um westliche Sicherheitsstandards zu erreichen. Tun sie das, dann wird das jetzt schon ökonomisch unsinnige Projekt ökonomisch noch unsinniger. Daher ist doch vollkommen klar, daß das nicht geschehen wird. Wenn das aber nicht geschieht, dann ist auch klar, daß das AKW Temelin nicht nur nicht fertiggebaut werden kann, sondern jedenfalls nicht ans Netz gehen kann. Damit haben wir das, was wir wollten, erreicht, ohne gegenüber einem souveränen Staat in einer Diktion aufzutreten, als würden wir sagen: Ätschi-bätschi, da werdet ihr jetzt überhaupt nichts selber bestimmen, denn wir Österreicher wissen viel besser, was da los ist, und wenn ihr uns nicht folgt, dann werden wir das Veto einlegen – obwohl es in der Europäischen Union nicht einmal eine Mehrheit von Staaten gibt, die für einen generellen Ausstieg aus der Atomkraftnutzung ist. – Das muß doch in Tschechien völlig falsch verstanden werden!

Daher gibt es in Wirklichkeit keinen Unterschied im Ziel, aber in der Diktion, in der Art und Weise des Vorgehens haben wir sehr wohl einen Unterschied. Man sollte es sich in dieser Frage nicht so leicht machen, wie du, Karl, es dir jetzt gemacht hast, daß man so quasi allen unterstellt, sie wollen dieses Sicherheitsrisiko, das das AKW Temelin unbestritten für Österreich darstellt, nicht aus der Welt geschafft haben. Das ist eine unfaire Argumentation. Sie mag in diesem Hause üblich geworden sein – ich sage deshalb "üblich geworden sein", weil sich die Regierungsfraktionen dem mittlerweile anschließen –, aber ich halte sie nicht für sinnvoll.

Damit komme ich zum nächsten Punkt, der mir ein Anliegen ist, und hier wende ich mich an Frau Bundesminister Prammer und an Herrn Bundesminister Bartenstein. Ich habe es sehr begrüßt, und die Liberalen haben es gerne angenommen, daß es Gespräche gegeben hat, in denen Frau Bundesminister Prammer darüber informiert hat, was in den Verhandlungen mit Tschechien Sache ist. Wir hätten uns gefreut, auch von Herrn Bundesminister Bartenstein zu solchen Gesprächen eingeladen zu werden, weil es einfach interessant ist, die unterschiedlichen Standpunkte in dieser Frage zu hören, sofern sie unterschiedlich sind. Daß Nuancen da sein müssen, ist ja unbestritten, denn richtigerweise ist von Abgeordnetem Schweitzer darauf hinge


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