Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 169. Sitzung / 99

sters nicht zustimmen und auch den Entschließungsantrag nicht zur Kenntnis nehmen. Sie vergeben mit Ihrem Vorgehen heute eine Chance. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

14.13

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Rauch-Kallat. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 9 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

14.14

Abgeordnete Maria Rauch-Kallat (ÖVP): Frau Bundesminister! Herr Bundesminister! Herr Präsident! Hohes Haus! Die Entscheidung, die am 12. Mai 1999 in Prag gefallen ist, das Kernkraftwerk Temelin fertigzubauen, ist zutiefst bedauerlich. Gerade jetzt zu diesem Zeitpunkt wäre es möglich gewesen, in dieser Frage eine neue Richtung einzuschlagen. Die Voraussetzungen dafür waren nie so gut wie jetzt. Es hat auch umfassende Vorbereitungen für diesen 12. Mai gegeben. Wir wußten das seit einigen Wochen. Die österreichische Bundesregierung hat einen Expertenbericht zur Verfügung gestellt, hat eine Expertengruppe eingesetzt, die auch die entsprechenden Bewertungen dieses Kernkraftwerkes eingebracht hat, inklusive eines Berichtes eines österreichischen Juristen über die Möglichkeiten, die bisher getätigten Investitionskosten als Stranded Investments bei einem allfälligen EU-Beitritt anzuführen.

Gleichzeitig wurde in diesem Expertenbericht nicht nur auf die Problematik in der Sicherheitsfrage hingewiesen, sondern vor allem auch auf die Problematik des europäischen Stromüberschusses, da dieses Überangebot ja gleichzeitig auch Auswirkungen auf die Strompreise und auf den Strombedarf in der Tschechischen Republik hat.

Wissend, daß das eine innere Angelegenheit der Tschechischen Republik ist (Abg. Aumayr: Lambach ...! – Ruf bei den Freiheitlichen: ... weil Lambach auch wichtig ist! – Abg. Murauer: Sogar die Freiheitlichen sind schon dafür! Das spricht sich herum!) – auch das war eine innere Angelegenheit der Republik Österreich, und Sie sehen, das wurde sehr gut gelöst (Beifall bei der ÖVP) –, aber auch wissend, daß ein entsprechender Unfall in Temelin keine innere Angelegenheit der Tschechischen Republik ist, sondern zutiefst eine Angelegenheit von ganz Europa, vor allem aber der betroffenen Gebiete in Oberösterreich, Niederösterreich und Wien darstellt, wie wir das bei der Katastrophe in Tschernobyl gesehen haben, können wir dieser Entscheidung nicht gleichgültig gegenüberstehen.

Es war daher auch sehr sinnvoll, daß es zum Beispiel durch einen Bericht des oberösterreichischen Anti-Atombeauftragten, Radko Pavlovec, der die Situation ja sehr gut kennt und die Sprache beherrscht, erstmals gelungen ist, auch in der Tschechischen Republik selbst ein Umdenken bei politischen Meinungsbildnern und bei politischen Entscheidungsträgern zu schaffen. Aufgrund dieses Berichtes hat sich vor einigen Monaten, etwa um Weihnachten, erstmals ein Christdemokrat in der Tschechischen Republik öffentlich gegen dieses Kernkraftwerk ausgesprochen, und es ist auch in der Tschechischen Republik ein Diskussionsprozeß entstanden, der immerhin dazu geführt hat, daß vor wenigen Wochen fünf bis sechs Minister der neunzehnköpfigen Ministerriege in der Tschechischen Republik gegen den Bau des Kernkraftwerkes gestimmt haben. (Abg. Dr. Krüger: Das Ergebnis kennen wir leider! – Abg. Ing. Langthaler: Acht Minister!)

Es ist darüber hinaus auch noch gelungen, den Präsidenten der Republik entsprechend umzustimmen. Ich kann mich noch sehr genau daran erinnern: Als Präsident Havel auf offiziellen Besuch in Österreich war – das war zu jener Zeit, als ich selbst noch Umweltministerin war –, hatte ich zwei Tage davor in einer Pressestunde, befragt zum Kernkraftwerk Temelin, gesagt, daß wir alles dafür tun werden, daß dieses Kernkraftwerk nicht gebaut wird. Ich wurde daraufhin, nachdem ich etwa nachbarschaftliche Gespräche als einen zu beschreitenden Weg genannt hatte, vom Journalisten gezwungen, zu sagen, was ich tun würde, wenn man nicht auf uns hört, und da habe ich gesagt, man könnte auch einmal die Zähne zeigen. Das hat mir dann zwei Tage später von seiten des Präsidenten Havel und seines Botschafters den Spitznamen "Miss Sharpteeth" eingetragen.


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