Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 171. Sitzung / 183

Wir können einfach nicht darüber hinwegsehen, daß die Briefwahl den Behinderten und den Senioren entgegenkommen würde, aber auch jenen, die aus irgendwelchen Gründen unterwegs sind. Und es ist wirklich kurios, daß man, wenn man sich zum Zeitpunkt der Landtagswahl nicht im Land befindet, nicht wählen kann oder daß man, wenn man sich in einer anderen Gemeinde befindet, nicht an der Gemeinderatswahl teilnehmen kann. Geschätzter Herr Schieder! Sie müßten doch einsehen, daß da endlich eine Änderung gemacht werden sollte, zumal es einstimmige Beschlüsse der Landtage oder der Landtagspräsidenten gibt, wie das in letzter Zeit der Fall war!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch die Erfahrungen von Innsbruck haben das gezeigt. Frau Haidlmayr! Sie werden mir sicher recht geben: Die Wahlen werden komplizierter, vielfältiger, das Persönlichkeitswahlrecht kommt dazu, Abstimmungen kommen dazu, und viele ältere Menschen fühlen sich in dieser Streßsituation der Stimmabgabe – es ist dies eben ein ungewöhnlicher Vorgang – überfordert, und deswegen kommt es zu ungültigen Stimmen und so weiter. (Abg. Haidlmayr: Ich will barrierefreie Wahllokale!) Sie können mir also nicht recht geben, das tut mir sehr leid! Die Briefwahl würde dem entgegenkommen, daß jeder in Ruhe, zeitgerecht, persönlich und geheim seine Stimme abgeben kann.

Meine Damen und Herren! Die Wähler und Wählerinnen in Österreich erwarten den Schritt zur Demokratieerweiterung und Weiterentwicklung der Nationalrats-Wahlordnung, zur längst fälligen Briefwahl! (Beifall bei der ÖVP.)

20.25

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Donabauer. Gleichfalls 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

20.25

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Alle sprechen davon, daß wir heute mit der Änderung der Nationalrats-Wahlordnung 1992 einen wichtigen demokratiepolitischen Schritt gemacht haben. Auch ich möchte das unterstreichen und bejahen. Ich glaube aber, daß man ohne Vorbehalte, emotionslos und mit der entsprechenden Sorgfalt auch die Weiterentwicklung diskutieren soll, auch hin bis zur Briefwahl, keine Frage! Wir sind in einer ganz neuen Situation. Die Mobilität der Gesellschaft ist heute eine andere, als sie es jemals war.

Es ist aber auch wichtig, daß man laufend Anpassungen an die Veränderungen in Gesellschaft und Verwaltung vornimmt. Heute wurde ein Entschließungsantrag eingebracht, in welchem wir auf einige Dinge hinweisen wollen, deren Regelung ganz wichtig ist.

Zum ersten: Es gibt hinsichtlich der EU-Wahl am 13. Juni im ganzen Land eine Diskussion darüber, daß mit der Stimmenauszählung erst um 22 Uhr begonnen werden kann. Wir haben uns die Rechtssituation angesehen: Es verhält sich nun einmal so! Dennoch müssen wir uns umso mehr darum bemühen, etwas zu erreichen, denn es ist den Leuten nicht zuzumuten, daß die Kommission, wenn das Wahllokal um 15 Uhr oder 16 Uhr schließt, bis 10 Uhr am Abend warten muß und erst dann die Arbeit fortsetzen kann. (Beifall bei der ÖVP.) Dafür muß es Lösungen geben, und es ist unsere Aufgabe, daß wir uns diesbezüglich innerhalb Europas engagieren!

Zweitens: Ich höre aus allen Gemeinden, daß es zusehends Probleme bei der Gewinnung von Mitgliedern für die Wahlbehörde, also Beisitzern, Ersatzbeisitzern und Vertrauensleuten, gibt, weil die Leute die Zeit nicht mehr aufbringen wollen und weil auch die Entschädigung dermaßen niedrig ist, daß man den Leuten nicht mehr zumuten kann, dafür ihre Zeit für die Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen.

Deshalb meine ich, daß es wichtig wäre, dieses Thema zu diskutieren und eine bundesweite Regelung zu treffen, selbstverständlich gemeinsam mit den Ländern und Gemeinden. Diese Menschen leisten nämlich einen ganz wichtigen Beitrag zur demokratischen Willensbildung in unserem Land. An diesen Dingen kann man nicht vorbeigehen. Wenn es offene Fragen gibt, dann hat man sie anzusprechen, und wir haben die Aufgabe, darüber nachzudenken und Lösun


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