Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 174. Sitzung / 28

Natürlich – da hat Peter Schieder schon recht – stand im Jahre 1955 in den Lehrbüchern: Neutrale dürfen an derartigen Solidaritätsmissionen nicht teilnehmen. – Ich kann Ihnen die Lehrbuchseite zeigen, als Verdroß, sobald wir UNO-Mitglied waren, seine Lehrmeinung geändert und gesagt hat: Wenn Österreich als neutrales Land Mitglied der UNO ist, dann darf die UNO Österreich nicht auffordern, bei Zwangsmaßnahmen mitzumachen. – Schnecken! Wir wurden aufgefordert, und wir haben mitgemacht! Damit haben wir die Neutralität das erste Mal in Richtung Solidarität verändert. Und alle waren dafür! (Beifall bei der ÖVP.)

Der nächste Schritt erfolgte mit der Ratifikation des Amsterdamer Vertrages, der am 1. Mai dieses Jahres in Kraft getreten ist. Wir haben mit der notwendigen Verfassungsmehrheit dieses Hauses aufgrund eines Antrages Kostelka/Khol und eines Berichtes von Kostelka und Khol hier in diesem Haus für Europa den Amsterdamer Vertrag im Verfassungsrang in Geltung gesetzt (Abg. Dr. Kostelka: Und die Neutralität gesichert!) und damit für Europa Neutralität durch Solidarität ersetzt. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Kostelka: Das stimmt nicht! Das ist eine ... wider besseres Wissen!)

Ich freue mich, daß dieser Vorrang der Solidaritätspolitik gegenüber der Neutralitätspolitik ihren Ausdruck darin findet, daß der "glühende Verfechter der Neutralität" Martin nicht Delegationsleiter in Straßburg wurde, sondern der Vertreter einer Solidaritätspolitik in der NATO namens Hannes Swoboda. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Hannes Swoboda sprach sich im Oktober 1997 für die Entwicklung einer starken – ich zitiere – "europäischen Komponente der NATO" aus; konsequent fortgeführt, stehe am Ende ein sicherheitspolitisch, das heiße auch: militärisch handlungsfähiges Europa. Wenn Österreich sich in dieses solidarische System einbinden wolle, sei ein Beitritt zur NATO kaum vermeidbar, so Swoboda.

Es geht noch weiter. Zur Neutralität stellte Swoboda fest, diese "verliert heute ihre Basis". An die Stelle der Neutralität sei ein "umfassender Solidarpakt" der EU-Staaten zu setzen.

Ein Beitritt zur NATO – immer noch Zitat – sei "kaum vermeidbar", wenn Österreich sich in ein solidarisches System einbinden wolle, an dessen Ende ein sicherheitspolitisch und damit militärisch handlungsfähiges Europa stehe. (Abg. Dr. Stummvoll: Wer war das?)

Zum Schluß sagt der neue Delegationsleiter Swoboda, der den "glühenden Neutralitätsverfechter" Martin ablöst: "Heute sind die Panzer der NATO Panzer für die Wahrung der Minderheitenrechte und der Menschenrechte." Es gebe eine gemeinsame Verantwortung für den Frieden in Europa. "Und der wird unter anderem durch die NATO gesichert", sagt der Delegationsleiter der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten! Ich freue mich, daß Sie damit diesen Richtungsstreit in eine bestimmte Richtung entschieden haben. (Heiterkeit bei der ÖVP.) Ich würde es nur sehr gerne auch von Ihrem Parteivorsitzenden Klima so hören. (Beifall bei der ÖVP.)

9.37

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Scheibner. Ich erteile ihm das Wort. – Bitte.

9.37

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Außenminister! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Khol! Man kann von Bundeskanzler Klima ein Lob für die NATO und die Wichtigkeit in diesem Bereich durchaus hören. Im Ausland nämlich, wenn es darum geht, Flagge zu zeigen, wenn es darum geht, sich nicht außerhalb der Staatengemeinschaft zu stellen, singt Herr Bundeskanzler Klima Loblieder auf die NATO, wie letztens beim Jubiläum in Washington. Da ist also die Lage ganz anders.

Auch wenn es darum geht, die NATO- Bombardements im Kosovo zu befürworten, ist der Bundeskanzler natürlich überall dabei. Dasselbe gilt, als es darum ging, Herr Kollege Schieder –


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