Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 174. Sitzung / 44

Der absolute Scheidungsgrund der Verweigerung der Fortpflanzung ist weggefallen, Herr Kollege Graf! Das heißt aber nicht, daß es keine Eheverfehlung ist, wenn die Partner diesbezüglich kein Einvernehmen über ihre Lebensgestaltung erzielen. (Abg. Dr. Graf: Da muß man das Zerrütten erst beweisen! Das ist eine Prozeßflut, die auf uns zukommt!)

Es ist doch ganz logisch, daß dann, wenn jemand zum Scheidungsrichter geht beziehungswiese sich veranlaßt sieht, zu gehen, ein starkes Indiz für die Zerrüttung gegeben ist. Man kann doch nicht eine Scheidung einreichen und gleichzeitig behaupten, da wäre gar nichts zerrüttet, es wäre ohnehin alles in Ordnung. Das ist nach meinem Verständnis widersinnig. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Graf: Tausende machen es derzeit in Österreich!)

Sehr weitreichend sind die neuen Unterhaltsregelungen. Wir haben jetzt im Unterhalt – abgestuft je nach Verschulden – eine Unterhaltsregelung, die jenem Partner zusteht, der sich selbst nicht erhalten kann, wobei der überwiegend Schuldige auch sein eigenes Vermögen dazu heranziehen muß.

Besondere Berücksichtigung bei diesem verschuldensunabhängigen Unterhalt findet die Kindererziehung. (Abg. Mag. Schweitzer: Überzeugt sind Sie nicht von dem, was Sie erzählen!) Herr Kollege Graf! Darin unterscheiden wir uns. Uns ist die Kindererziehung soviel wert, daß wir sie auch in die Unterhaltsregelungen für die Mutter, die die Kinder erzieht, miteinbeziehen. Wir haben das als berücksichtigungswürdiges Interesse verstanden. (Abg. Dr. Graf: Dafür gibt es den Kinderbetreuungsscheck!) Wir wollen jene Frauen, die zu Hause bleiben und sich der Kindererziehung widmen, nach der Scheidung nicht im Regen stehen lassen. (Beifall bei der ÖVP.)

Dabei haben wir zwei konkrete Fälle im Auge. Einmal ist es die junge Mutti, die sich noch den kleinen Kindern widmet, wobei wir der Auffassung sind, daß es gut ist, wenn sie bei den Kindern zu Hause bleibt, und es dem Kindesvater zumutbar ist, daß für seine Kinder die bestmögliche Betreuung, nämlich durch die Mutter, erfolgt. Dafür steht ihr ein Unterhalt bis zum fünften Lebensjahr des jüngsten Kindes zu.

Das Verschulden ist aber auch dabei zu berücksichtigen und kann sich je nach Schwere des Verschuldens beim Unterhalt als Minderung auswirken, die bis auf null geht. Auch die Zumutbarkeit der eigenen Erwerbstätigkeit bei überwiegendem Verschulden ist anders zu beurteilen als bei bloßem Mitverschulden. Eine überwiegend Schuldige wird auch eine de facto unzumutbare Arbeit nach arbeitsrechtlichen Vorschriften annehmen müssen. (Zwischenruf der Abg. Dr. Petrovic.) Beispielsweise kann eine Lehrerin dann nicht darauf pochen, daß es momentan einen Aufnahmestopp gibt, sondern sie wird dann auch in ein Büro gehen müssen. (Abg. Dr. Graf: Sie werden es an der Praxis erkennen, wie es wirklich ausschaut!)

Das heißt, Herr Kollege Graf, es ist unrichtig, daß es kein Verschulden mehr gibt. Wir haben uns auch Gedanken darüber gemacht, daß wir dem zahlenden Teil nicht jegliche künftige Lebensgestaltung verbauen wollen. Daher war es für uns wichtig, daß dieser Anspruch befristet wird. Wir haben ihn auf drei Jahre generell befristet, und er kann in Härtefällen verlängert werden.

Herr Kollege Graf! Die Mediation halte ich für die Konfliktregelung des nächsten Jahrtausends! Die Mediation wird nicht nur im Scheidungsbereich Einklang finden, sondern auch in weiten Bereichen der anderen Rechtsmaterien. (Abg. Dr. Graf: Dafür brauchen wir Berufsvoraussetzungen!) Wir kennen sie schon in der Politik. In der vorhergehenden Debatte wurde es von den "Mediatoren" Tschernomyrdin und jenen, die den Frieden herbeigebracht haben, als selbstverständlich betrachtet, daß ein unbeteiligter Dritter, der nicht Partei ist, gestaltend mitwirkt. – Auch das wollen wir im Scheidungsrecht ähnlich einführen. (Abg. Dr. Graf: Also nicht alles ist ein Vergleich, was hinkt!) Nicht der Anwalt, der Partei ist, sondern ein unparteiischer Dritter soll den beiden durch diese Konfliktfälle helfen. (Abg. Dr. Graf: Das ist Ihr Problem: Sie sehen die Scheidung immer als Krieg!)

Ich gehe davon aus, daß sich Anwälte als Mediatoren hervorragend eignen und die Rechtsanwaltskammer auch bereits diesbezügliche Ausbildungen anbietet. (Abg. Dr. Graf: Was muß der Mediator können? Sagen Sie mir die Voraussetzungen!) Ich gehe auch davon aus, daß sich die


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite