Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 174. Sitzung / 45

Mediation als Rechtsinstitut in anderen Rechtsbereichen noch weiterentwickeln wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

10.41

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Schmidt. – Bitte, Frau Abgeordnete.

10.41

Abgeordnete Mag. Dr. Heide Schmidt (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich glaube, daß es bei unseren Gesetzesbeschlüssen immer – man wird es jeweils unterschiedlich beurteilen, wann man die Balance hergestellt sieht – um die Balance zwischen einem individuellen, auch einem gesellschaftlichen Autonomiebedürfnis einerseits und dem staatlichen Regelungsbedürfnis und Regelungsbedarf andererseits gehen sollte.

Ich halte es gerade aus liberaler Sicht für notwendig, sich dieses Spannungsverhältnis ständig vor Augen zu führen und dann in diesem Spannungsverhältnis die Abwägung zu treffen, ob der Staat etwas regeln darf oder muß oder ob etwas nicht dem privaten Gestaltungswillen und den privaten Gestaltungsfähigkeiten des einzelnen überlassen bleiben muß.

Gerade wenn es um die Lebensformen geht, die Menschen wählen, ist es besonders wichtig, diese Balance herzustellen und, wie ich glaube, vor allem dem individuellen Autonomiebedürfnis ein besonderes Augenmerk zu schenken. Angesichts dessen, wie das Eherecht, wie sämtliche Regelungen betreffend Lebensformen aussehen, gibt es ein derartiges Ausmaß an staatlichen Regelungen und an staatlichen Eingriffen, das für uns aus liberaler Sicht unzumutbar ist.

In Anbetracht dessen, daß sich bei der vorliegenden Novelle Arbeitsgruppen damit auseinandergesetzt haben, wie man reformieren kann, wie man dem einzelnen und der einzelnen mehr Gestaltungsraum geben kann, ist ihr Ergebnis deprimierend! Denn das Ergebnis lautet weiterhin "staatlich bevormundet", es ist weiterhin frauenfeindlich, und es ist alles andere als von einem offenen Partnerschaftsbegriff geprägt, so wie Frau Kollegin Fekter das hier behauptet hat. Das mag allerdings auch an der unterschiedlichen Auffassung über den Begriff "Partnerschaft" liegen, wenn sie derartiges sagt.

Wenn es ein Anliegen wäre – und den Liberalen ist es ein Anliegen! –, daß jeder Bürger, jede Bürgerin die für sie beziehungsweise für ihn idealste Form des Zusammenlebens wählen kann, dann müßte man erkennen, daß wir nicht nur Reformbedarf für die Ehe haben, sondern natürlich auch dafür, für all jene, die das tun wollen, die geeigneten Rahmenbedingungen zu schaffen, das heißt auch für gleichgeschlechtliche Paare. Das ist ein Ansatz, der von der großen Koalition negiert wird, der nicht einmal in Diskussion gezogen wird, von dem man offenbar meint, er betreffe nur eine Minderheit, um die man sich nicht zu kümmern hat, oder aber man könne die eigene Ideologie einfach so in Gesetze gießen, daß man andere von bestimmten Lebensformen ausschließt.

Das ist ein Grundproblem, dem Sie natürlich mit diesem Eherechts-Änderungsgesetz schon gar nicht beigekommen sind, aber Sie wollten es ja auch gar nicht. Ich erwähne das nur, um klarzumachen, daß dieses Anliegen ein liberales Anliegen bleiben wird und daß wir dieses Thema daher auch in der nächsten Legislaturperiode ins Parlament bringen werden. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Aber ungeachtet dessen sollte man sich mit jener Begriffsdefinition auseinandersetzen, die jetzt Gegenstand auch Ihrer, also der von Ihnen beschlossenen Rechtslage ist und bezüglich der im Ausschuß keine Bereitschaft erkennbar war, diese Rechtslage zu ändern. Ich rede von der Begriffsdefinition in § 44 ABGB, was denn überhaupt die Ehe sei. Ich sehe, daß uns heute eine Vielzahl junger Leute zuhört, und es wird vielleicht insbesondere auch für sie interessant sein – aber ich habe die Erfahrung gemacht, daß auch viele andere das gar nicht wissen –, daß es nicht nur eine Sache des Kirchenrechtes ist, sondern vielmehr im ABGB als Begriffsdefinition aufgenommen ist, daß zwei Personen verschiedenen Geschlechts ihren Willen erklären, in


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