Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 174. Sitzung / 48

Das passiert derzeit durch einen Richter, durch eine Richterin, und das ist genau das, was Sie für richtig halten, weil Sie eben meinen, es sei Sache des Staates zu regeln, was richtig und was falsch ist – auch in den privatesten Verhältnissen. Das ist das Verständnis dieser Partei, die immer davon redet, der Staat solle sich zurückziehen. Das sagt sie nur in jenen Bereichen, in denen vielleicht ihre Kammer dabei mitgeht, aber sobald es um die privaten Verhältnisse geht, soll der Staat genau sagen, wie man sich zu verhalten hat, und daher wird auch der Richter oder die Richterin sagen, was in diesen Lebensverhältnissen richtig und was falsch war.

Wir sind der Auffassung, daß das nicht Sache des Staates ist! Daher ist der Weg, das Verschuldensprinzip für eine Unterhaltsregelung anzuwenden, für uns falsch. Was wir hingegen glauben, ist, daß der Staat dazu da ist, Schwächere zu schützen. Das bedeutet, daß die Unterhaltsregelung daran zu messen ist, ob jemand den Unterhalt auch tatsächlich braucht, und zwar unabhängig davon, ob er schuld oder nicht schuld am Auseinandergehen einer Beziehung ist.

Was Sie jetzt gemacht haben, ist ein winziger Schritt, aber einer, den ich nicht sehr ernst nehmen kann, denn die Ausnahmen, die Sie vorsehen – es trifft in erster Linie Frauen, und daher ist auch diese Vorlage frauenfeindlich, weil sie nicht auf die Bedürfnisse der Frauen eingeht, die diejenigen sind, die das immer auszubaden haben –, sind von Ihnen in einer Weise unsachlich begrenzt worden, die auch schon rechtspolitisch bedenklich ist – nicht nur gesellschaftspolitisch, sondern auch rechtspolitisch!

Denn diese Begrenzung eines allfälligen Unterhaltsanspruches auf drei Jahre ist eine Willkürzahl! Sie geht auch völlig an den Realitäten vorbei: Hätten Sie den FamilienrichterInnen und Experten in den Gruppenberatungen der Arbeitsgruppe zugehört, dann wüßten Sie, daß das eine Begrenzung ist, die vielleicht ein Kompromiß innerhalb Ihrer Koalition war, aber nicht die geringste sachliche Begründung hat.

Wenn Sie dann noch bei der Erziehung eines Kindes das fünfte Lebensjahr als Grenze nennen, bis zu dem gerade noch ein Unterhalt zugebilligt werden kann, dann muß ich sagen, Sie gehen wiederum an den Realitäten vorbei! Sie sind mitverantwortlich dafür, daß es keine Kinderbetreuungseinrichtungen gibt! Sie sind mitverantwortlich dafür, daß genau diese Situation – insbesondere für die Frau –, sich um die Kinder kümmern zu können und zugleich einem Beruf nachgehen zu können, nicht eintritt – nicht nur, weil die Arbeitsverhältnisse so gestaltet sind, daß die Frauen am Arbeitsmarkt kaum Fuß fassen können, sondern weil auch diese Verbindung, sich um Kinder zu kümmern und im Erwerbsleben zu stehen, durch die Rahmenbedingungen, für die Sie mitverantwortlich sind, kaum möglich ist.

Dann machen Sie noch ein Gesetz, in dem Sie sagen: Ab dem fünften Lebensjahr ist der Ofen aus! – Was die Frau – die Frau wird es in erster Linie auszubaden haben – dann macht, interessiert Sie nicht, weil Sie sagen, sie solle gefälligst zu Hause bleiben. – Ungefähr nach dem Morgenstern-Spruch, daß nicht sein kann, was nicht sein darf, schreiben Sie vor, was richtig ist, und Sie glauben, durch Gesetze in dieser Form das auch erreichen zu können, ohne daß Sie die Rahmenbedingungen dafür schaffen, vor allem ohne daß Sie die persönlichen Lebensbedürfnisse zur Geltung kommen lassen, weil Sie sagen, was die Leute zu tun haben.

Ich halte das für einen Unfug, und daher ist eine solche Weichenstellung keine Weichenstellung, sondern es ist eine Adaption, um die schlimmsten Fälle aufzufangen, aber das hat nichts mit einer Reformidee und mit einem anderen Geist zu tun.

Noch ein Punkt, der jetzt zu reformieren gewesen wäre: Die Ehemündigkeit von Männern und Frauen ist derzeit in einem unterschiedlichen Alter festgelegt. Für Männer ist es das 19. Lebensjahr, für Frauen das 16. Lebensjahr. Das geht an den Realitäten komplett vorbei! Es war vielleicht einmal so, daß man einen solchen Unterschied machen konnte, daß man gemeint hat, daß Buben weit später reif und daher in der Lage seien, die Tragweite eines solchen Schrittes zu entscheiden. (Abg. Dr. Fekter: Die Wirklichkeit ist, daß sich das Ehealter hinaufsetzt!) – Und wieder glauben Sie, daß Sie durch solche Regelungen die Gesellschaft verändern können! Statt daß man der Realität Rechnung trägt und sagt: 16 Jahre ist das Alter für Ehemündigkeit, und zwar für Mädchen genauso wie für Buben! (Abg. Dr. Fekter: Warum soll man das machen?),


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