Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 174. Sitzung / 64

telbar darin involviert sind, weil es unterschiedliche Wahrheiten gibt von jenen, die betroffen sind.

Wenn eine Ehe nicht mehr hält und damit das familiäre Leben bereits belastend für alle Beteiligten geworden ist, dann muß doch der Zugang der sein, daß man diesen Menschen einen neuen Anfang ermöglicht, daß man versucht, diesen Bund in einer Art und Weise aufzulösen, die für alle Beteiligten noch eine Zukunft bietet. Ich meine, daß das der sinnvollere Zugang wäre, als in dieser Situation nach Schuldigen zu suchen und vielleicht auch noch die einzelnen Familienmitglieder zu befragen, wer denn wann was getan hat, und darüber zu urteilen, was als Schuld ausgelegt werden könnte. Ich sage Ihnen, das zerstört in den bestehenden Familien, auch wenn es Schwierigkeiten gibt oder die Ehepartner vor einer Scheidung stehen, zwischen den Menschen mehr, als wenn man sich darauf konzentrieren würde, wie man einen neuen Anfang schaffen kann.

Daher, meine Damen und Herren, ist auch das Recht des Kindes auf beide Elternteile ein Wunsch, den wir unterstreichen, das aber in der Realität nicht so einfach durchsetzbar ist. Daher ist es sinnvoll, Frau Abgeordnete Bauer, daß im Vordergrund das Kindeswohl stehen soll. Es wird ohnehin an jenen, die in dieser Familie gemeinsam eine Zeitlang gelebt haben, liegen, nachher wieder zueinander zu finden. Aber wichtiger ist es in einer Situation, in der eine Ehe zerbricht – wenn es Kinder in der Familie gibt, die noch nicht eigenständig sind und sich noch nicht selbst versorgen können –, daß das Wohl der Kinder im Mittelpunkt steht und nicht die Ansprüche der Eltern auf ihre Kinder, die oftmals nichts anderes sind als ein "Kriegsschauplatz", wo die Eltern, die sich nicht mehr verstehen, ihre Machtansprüche oder vielleicht auch ihre wechselseitigen Verletzungen auf dem Rücken der Kinder austragen und versuchen, über die Kinder Druck auszuüben.

Daher ist es zwar wünschenswert, daß Kinder beide Elternteile haben und mit ihnen in Kontakt stehen können, aber Tatsache ist, daß es Situationen gibt, wo das nicht mehr der Fall ist, und wenn diese Verantwortung von den Eltern offensichtlich nicht mehr wahrgenommen wird, dann sollte das Kindeswohl nach unserer Meinung im Mittelpunkt stehen und nicht das Recht der Eltern auf die Kinder. Das ist in dieser Art und Weise aber hier vom Rednerpult aus so formuliert worden, und daher habe ich das klarlegen wollen.

Zur Definition der Ehe, meine Damen und Herren, möchte ich auch noch etwas sagen – Frau Abgeordnete Schmidt hat es bereits angesprochen –: Wir haben nichts dagegen, daß Menschen sich mit dem Willen, dem guten Willen, zusammenfinden, eine unzertrennliche Gemeinschaft zu bilden. Ja sie sollen sich auch vornehmen, Kinder zu zeugen und zu erziehen. Und sie sollen sich auch wechselseitigen Beistand versprechen. Das ist wichtig! Aber nach meinem Dafürhalten kann es nicht ein konstitutives Merkmal, ein begründendes Merkmal einer solchen Gemeinschaft sein, daß man sagt, man möchte Kinder zeugen und erziehen. Ich halte es für falsch – und wenn Sie es genau nehmen, müßten Sie es eigentlich auch so sehen –, in bezug auf Menschen, die organisch, körperlich überhaupt nicht in der Lage sind, Kinder zu zeugen, zu sagen, sie können vielleicht den Willen dazu haben, Kinder zu zeugen, da sie aber dazu nicht in der Lage sind, müßte man ihnen eigentlich die Institution der Ehe verschließen.

Sie konzentrieren sich jetzt darauf zu sagen: Diese Leute müssen ja ohnehin nur den Willen haben, Kinder zu zeugen. Ich frage mich, inwieweit das heute vor diesem Hintergrund noch angemessen sein kann, denn in Wahrheit ist das nach unserer Einschätzung ein Überbleibsel, Frau Abgeordnete Bauer, eine Fortsetzung des Kirchenrechts mit anderen Mitteln. Wir glauben, daß in zunehmendem Maße nicht eine vom Staat oder von der Gesellschaft gesetzte Moral maßgeblich ist, wiewohl hier Grenzen gesetzt werden, das ist unbestritten, aber das, was zwischen den Menschen passiert, wird in zunehmendem Maße eine Verhandlungsmoral. Es geht darum, wie die Menschen ihr eigenes Zusammenleben gestalten.

Wenn Ehen glücklich sind und wenn Lebensgemeinschaften glücklich sind, dann ist das alles, was wir in einer Gesellschaft erwarten können. Es ist nicht notwendig, diese Gemeinschaften, bei allen Schwierigkeiten, die sie sonst noch haben, mit externen Moralvorstellungen zu überfrachten. Daher unser Hinweis darauf, daß die Definition der Ehe nicht zwangsläufig verbunden


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