Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 174. Sitzung / 79

13.00

Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch mir steht nicht mehr viel Redezeit zur Verfügung, aber ich möchte doch kurz auf das eingehen, was Kollegin Hörbiger (Abg. Scheibner: Höbinger!), Höbinger – Höbinger-Lehrer, sie versucht ohnedies immer, hier als Lehrer aufzutreten – meiner Auffassung nach völlig zu Unrecht gesagt hat.

In Ergänzung zu all dem, was die Kolleginnen und Kollegen meiner Fraktion ohnedies schon angeführt haben, ist es mir wichtig, aufzuzeigen, daß dieses Gespenst, die junge Frau, die sich den Tennislehrer nimmt, die junge Frau, die mit einem Geliebten durchbrennt und sich dann vom Mann Unterhalt zahlen läßt, in diesem Fall überhaupt nicht anders geregelt wird. Offensichtlich haben Sie die Vorlage nicht einmal gelesen, denn in diesem Fall gibt es natürlich keine Unterhaltsansprüche. (Abg. Dr. Graf: Aber geh!)

Sie verdrängen absichtlich, worum es geht. Es geht nämlich darum, daß jene jungen Frauen, die ihre Kinder betreuen, eine existentielle Absicherung erhalten, und daß Frauen, vor allem ältere Frauen, die jahrelang die Kinder versorgt und den Haushalt geführt haben, nicht ohne Unterhalt, ohne Existenzsicherung auf der Straße stehen. Würden wir das heute nicht regeln, dann wäre das der Fall, denn es war nämlich in der Vergangenheit so. Ich bin daher sehr froh, daß wir das heute hier beschließen werden – als ersten Schritt. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Frau Bundesministerin Prammer hat ja jene Fälle genannt, in denen für Frauen kein Unterhalt gezahlt wird, obwohl sie 20, 30 Jahre hindurch die Kinder betreut und den Haushalt geführt haben, obwohl sie mit Kleinstkindern nur unter großen Schwierigkeiten einer Erwerbstätigkeit nachgehen können. Gründe dafür, daß kein Unterhalt bezahlt werden muß, sind beispielsweise: wenn die Frau den Mann nicht im Spital besucht, wenn zänkisches Verhalten an den Tag gelegt wird. Wer beurteilt denn heute – die Richter im Scheidungsprozeß? –, wenn das Verschuldensprinzip gilt, welche Vorgänge in einer 10, 20, 30 Jahre dauernden Ehe stattgefunden haben?

Herr Bundesminister! Ich möchte mich abschließend bei Ihnen und Ihrem Ressort, aber auch beim Bundesministerium für Frauenangelegenheiten für diese Vorlage bedanken und sagen: Entstanden ist das Ganze bei einer Enquete zum Thema "Frauen und Recht", bei der eine be-kannte Juristin unter dem Referatstitel "Was erwarten sich Frauen von der Justiz?" gesagt hat – dabei betonte sie vor allem das Wort "warten" –: Und sie warten auf alles. Auf alle Leistungen der Justiz müssen vor allem Frauen warten. – Heute sind wir einen Schritt weitergekommen, und ich bin froh, daß wir in dieser Frage nicht noch länger warten müssen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.03

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Als nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Wurm. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

13.04

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Am Ende der Debatte der Familienrechtsreform – es ist das heute ja schon einmal bemüht worden – in den siebziger Jahren stand eine wissenschaftliche Aufarbeitung von Oskar Lehner. Er hat sozusagen in einer Zusammenfassung in den Ausblicken Forderungen angeführt und sich deren Erfüllung gewünscht. Ich möchte das heute am Ende dieser Debatte zur Familienrechtsreform, zu dieser Novelle erwähnen.

Ich zitiere: Als noch zu bewältigendes Reformvorhaben wartet eine große Scheidungsreform. Kernprobleme werden sein: die Durchsetzung des Zerrüttungsprinzips und insbesondere die Frage der Verknüpfung von Unterhalt und Verursachung der Zerrüttung. – Zitatende.

Wird nach geltendem Recht ein finanziell Unabhängiger schuldig geschieden, so verliert er seine Ehe, nicht jedoch seine ökonomische Existenz. Ein wirtschaftlich abhängiger schuldig geschiedener Ehegatte hingegen büßt zusätzlich noch seine materielle Grundlage ein. Mit anderen


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