Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 174. Sitzung / 85

Auch das österreichische Kartellgesetz ist in der derzeitigen Fassung wesentlich bißstärker, als es vielleicht den Anschein erweckt. Wenn man in der Regierungsvorlage den Satz findet, daß der Wirtschaftsminister angekündigt hat, künftig in vermehrtem Ausmaß von dem dem Bund eingeräumten Antragsrecht Gebrauch zu machen, so ist das wohl der Beweis dafür, daß in der Vergangenheit von den bestehenden Rechtsinstrumentarien offenkundig nicht genügend Gebrauch gemacht worden ist. Ich würde also appellieren, daß wir, wenn wir hier Änderungen diskutieren und letztlich beschließen, auch berücksichtigen, was alles aufgrund der derzeit bestehenden Normen bereits möglich wäre. Rechtsanwendung und Rechtssetzung sind zwar unterschiedliche Paar Schuhe, man muß sie allerdings jeweils im Zusammenhang berücksichtigen.

Die Kernbestimmung der Kartellrechtsänderung ist die Amtswegigkeit. Zukünftig soll das Kartellgericht von sich aus prüfen können – was insbesondere im Fusionsrechtsbereich sehr wichtig ist –, wohingegen derzeit die Amtsparteien, wenn ihnen daran gelegen ist, einen Prüfungsantrag stellen können. Wir wissen – das ist auch in der Regierungsvorlage ausgeführt –, daß es Fälle gibt, in denen derartige Bedürfnisse nicht geortet werden. Daher denke ich, daß diese Maßnahme gut ist.

Darüber hinaus sollte es aber so sein, daß wir auch über die Person eines Kartellanwaltes, den wir gefordert haben, weiter diskutieren, weil es sicher sinnvoll ist, über die derzeitige Regelung hinaus noch etwas zu schaffen, das sicherstellt, daß der bestehende Regelungsbestand noch schlagkräftiger angewendet wird.

In Summe ist dies daher ein Gesetz, das in die richtige Richtung weist. Die Diskussion darf nicht beendet sein, sie muß weitergehen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

13.24

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Mag. Peter. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.24

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ja, ja, Herr Dr. Jarolim! Die Diskussion muß weitergehen. – Sie geben uns hier als Vorlage nicht ein fertiges Kartellrecht, sondern Sie lassen den Nationalrat einmal einen Zwischenstand beschließen. Das halte ich für nicht sehr befriedigend.

Herr Bundesminister! Sie kennen natürlich den letzten OECD-Bericht, der uns einen Überblick über den Fortschritt bei der Lösung der OECD-Vorschläge hinsichtlich einer unabhängigen Wettbewerbsbehörde gibt. Die Regierung hat darauf geantwortet, daß sie sich über begrenzte Reformen einigen wird. Das stimmt. Die OECD meint richtigerweise: Als Auftrag soll eine Überprüfung gemäß den Anforderungen der EU-Gesetzgebung und die Vollendung der Reformen, darunter die Schaffung einer neuen unabhängigen Wettbewerbsbehörde, erfolgen. – Das ist der ganze Knackpunkt.

Der Knackpunkt Ihrer gesetzlichen Vorschläge ist es, daß versucht wird, sich über diese unabhängige Kartellbehörde hinwegzuturnen. Sie machen also das Kartellgericht gleichzeitig auch zum Ankläger; es ist Ankläger und Richter gleichzeitig. Dann gibt es die Sozialpartner, die auch noch Ankläger und Gutachter sein dürfen und noch als Schöffen, als Richter dabeisitzen. Das ist eine Art der Gerichtsbarkeit, die, so glaube ich, während der Französischen Revolution geherrscht hat. Da standen aber die Urteile schon im vorhinein fest.

Meine Damen und Herren! Das Kartellrecht ist viel zu wichtig, als es hier in sehr kleinen Schritten weiterzuentwickeln. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Unsere Märkte verändern sich so schnell, daß derjenige, der Märkte befreit, für faire Wettbewerbsbedingungen sorgen muß. So wie es eine originäre staatliche Aufgabe ist, die Rahmenbedingungen des Wirtschaftens zu definieren, und zwar im sozialen, im ökologischen, im wirtschaftlichen und im rechtlichen Bereich, ist es auch eine originäre staatliche Aufgabe, Wettbewerb, der in Märkten stattfindet, begleitend zu kontrollieren. Natürlich ist es das Ziel jedes Unternehmens – ob es nun die Treibstoffverschleißer in Österreich, die Mineralölkonzerne, die Brau


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