Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 174. Sitzung / 144

Glockenzeichen.) Diese werden dir sagen, daß es keinen einzigen tauglichen Soldaten mehr gibt, den wir irgendwohin schicken könnten! Diese 450 Soldaten sind nicht aufzutreiben! Wir sind nicht in der Lage dazu, diese Mannschaften zu stellen. Sie sind nicht dafür ausgerüstet, sie sind nicht dafür ausgebildet! Wir sind nicht in der Lage, eine taugliche Truppe zusammenzustellen, aber diese Leute werden in den gefährlichsten Einsatz, den es bisher gegeben hat, geschickt! (Ruf bei den Freiheitlichen: Schwer ausgehungert!)

Peter, du bist ein alter Hase! Vielleicht sagst du, das ist geschmacklos, wenn ich dir das zugute halte, aber du weißt, daß es im Kosovo keine Ruhe geben wird – nicht in 14 Tagen und nicht in ein paar Monaten. Im Kosovo wird geschossen werden – mehr noch, als es bereits jetzt geschieht! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Weil man auf allen Kirtagen tanzen möchte, weil man ein Gschaftlhuber sein möchte, erzählt man zwar allen, wir seien neutral und wollen es bleiben, aber gleichzeitig schickt man 450 österreichische Soldaten, die man noch gar nicht hat und die man nach Ansicht der Militärs auch nicht zusammenbringen wird, in die gefährlichste Auseinandersetzungszone Europas nach dem Zweiten Weltkrieg!

Das ist die gegenwärtige Situation. Es ist ein gefährliches Spiel, das da aus wahltaktischen innenpolitischen Gründen auf dem Rücken der Republik Österreich, ihrer Bürger und vor allem ihrer Söhne gespielt wird! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.20

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Frau Abgeordnete Mag. Kammerlander. – Bitte.

17.20

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Kolleginnen und Kollegen! Zunächst sei folgendes an das Liberale Forum gerichtet, das ja diese Dringliche Anfrage eingebracht hat: Sie zählen völlig richtig alle Schritte der vergangenen Jahre auf, denen zufolge natürlich eine Reduktion, eine Aushöhlung der Neutralität stattgefunden hat. – Auch wir haben das immer wieder mit der Salamitaktik verglichen: jedesmal wurde ein Stück heruntergeschnitten, und das Ganze ist einfach wieder um ein Stück weniger, kürzer und eben auch weniger bedeutungsvoll geworden.

Aber Sie übersehen meiner Meinung nach vor allem in der Schlußfolgerung folgendes – darin unterscheiden wir uns ganz grundsätzlich –: Die Aushöhlung der Neutralität über Jahre hinweg bedeutet unserer Meinung nach nicht, daß man sie deswegen abschaffen soll oder gänzlich von ihr lassen soll – ganz im Gegenteil! Sie übersehen eben eines dabei: Es gibt die Neutralität noch immer in der Verfassung. Die eine Seite ist die völkerrechtliche und wie uns die anderen sehen und wahrnehmen. Das beschreiben und schildern Sie auch in Ihrer Anfrage. Die andere Seite ist aber sehr wohl jene, daß die Neutralität nach wie vor in der Verfassung verankert ist. (Abg. Dr. Schmidt: So ist es!)

Da gibt es drei ganz wesentliche Bereiche, Säulen oder wie immer man das bezeichnen will: Die eine ist es, keine Beistandsverpflichtungen in einem Militärbündnis zu übernehmen (Abg. Dr. Schmidt: Aber sie tun es!), die andere ist es, keine Truppenstationierungen in Österreich zuzulassen, und die dritte ist es, sich nicht an einem Krieg zu beteiligen. Diese drei Bereiche gilt es meiner Meinung nach nicht nur zu verstärken und zu bestärken, sondern es gilt auch, in diese Richtung hin weiter politisch zu arbeiten. (Abg. Dr. Schmidt: Wir haben aber aufgrund unserer Gesetze eine völkerrechtliche Verpflichtung!  Das ist ja nicht wahr!)

Jetzt auch vor allem in Richtung SPÖ überleitend: Was fehlt, um das, was in der Verfassung steht, auch wirklich wahrnehmen und ausfüllen zu können, ist eigentlich eindeutig die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik in Europa. Wissen Sie, alle Beschwörungsformeln, daß Sie ja neutral bleiben wollen, neutral sind und ohnehin immer alles dafür getan haben – meine Kollegin Petrovic hat das hier schon ausgeführt –, sind so unglaubwürdig! Man weiß nicht, wie man dran ist, woran man ist, vor allem dann nicht, wenn Sie, Herr Bundeskanzler, am Wort sind.


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