Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 174. Sitzung / 145

Die Interpretationsbreite Ihrer Worte, Ihrer Stellungnahmen und Ihrer Kommentare, die Sie liefern, verunsichert mehr, als sie Sicherheit gibt. (Beifall bei den Grünen.)

Was fehlt, wo insbesondere von seiten der Sozialdemokratie überhaupt kein Bemühen und überhaupt kein Ehrgeiz zu sehen sind, ist eben die gemeinsame Außenpolitik. Was ist denn die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik tatsächlich? Wo findet sich vor allem die Außenpolitik wieder, die eine ganz wichtige Basis für die Sicherheitspolitik wäre? – Das fehlt! (Abg. Dr. Schmidt: Sie machen nicht einmal eine Außen- und Sicherheitspolitik!) Das fehlt komplett, denn wenn ich mir das Kölner Papier anschaue, dann sehe ich, darin ist ja bezeichnenderweise schon die Rede von der "Sicherheits- und Verteidigungspolitik".

Es ist viel die Rede von dem, was eben Verteidigungspolitik ist, und es ist vor allem in den konkreten Maßnahmen, in der Umsetzung nämlich – dort, wo es sozusagen wirklich um die Hardcore-Version des Ganzen geht –, eigentlich nur noch und fast ausschließlich die Rede von den militärischen Fähigkeiten und Pflichten, die wir übernehmen. So verpflichten wir uns etwa, die Stärke der Streitkräfte weiter auszubauen, und zwar mit allen Konsequenzen und Schlußfolgerungen, die daraus zu ziehen sind. – Das ist die eine Seite: Es fehlt die Außenpolitik, die die Basis für die Sicherheitspolitik ist.

Die andere Frage, die sich daraus ergibt, ist folgende: Was oder welches Recht bildet überhaupt den Rahmen für diese Sicherheitsinstrumentarien, die dann zu entwickeln sind? Was ist da die Basis? – Herr Bundeskanzler, Sie sprechen von "im Einklang mit den Vereinten Nationen". In der Washingtoner Erklärung hieß es dann noch viel bezeichnender "im Geiste der Charta der Vereinten Nationen".

Es wäre meiner Meinung und unserer Meinung nach, wenn Sie das, was Sie bezüglich Ihrer Neutralitätspolitik zu interpretieren versuchen, nur einigermaßen ernst nehmen, dringend anzuraten, wieder auf die Grundlage der Vereinten Nationen zurückzukommen, zum Beispiel Österreichs Rolle als neutrales Land wahrzunehmen und darauf zu drängen, daß es tatsächlich wieder zu einer Mandatserteilung in Fällen von Krisenbewältigung und Krisenintervention durch die Vereinten Nationen kommt; und nicht "im Einklang mit den" und nicht irgendwie "im Geist" der Vereinten Nationen, sondern tatsächlich mit Beschluß des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen. (Beifall bei den Grünen.)

Sie haben wirklich – das sei an die SPÖ gerichtet – in der Vergangenheit zweimal einen Sündenfall begangen. Das möchte ich Ihnen hier auch noch einmal sagen, ganz besonders nach den Worten des Kanzlers. Der eine Sündenfall wird in der Dringlichen Anfrage erwähnt: Das war die Ausschußerklärung von Kostelka und Khol, in der noch einmal klargestellt wurde, daß solche Maßnahmen nicht eines Beschlusses des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen bedürften; hier wird das noch einmal verschärft.

Aber der zweite Sündenfall – auch diesen möchte ich hier noch einmal erwähnen – war die Änderung des Strafgesetzbuches hinsichtlich der Neutralitätsgefährdung. (Abg. Dr. Schmidt: So ist es!) Das war ein ganz maßgeblicher Sündenfall, nämlich dahin gehend, daß es nicht nur um einen Sicherheitsratsbeschluß, sondern auch um einen EU-Ratsbeschluß gehen kann.

Das sind zwei Sündenfälle, die Sie eindeutig begangen haben und die in krassem Widerspruch zu dem stehen, Herr Bundeskanzler, was Sie hier auszuführen und uns weiszumachen versuchen! Sie versuchen auch, durch – ich kann das nur immer wieder betonen – recht wundersame Interpretationen das Ganze wieder dort hinzubringen, wo es einmal war.

Wenn Ihnen das ernst wäre, dann müßten Sie hier eine Korrektur anbringen, dann müßten Sie hier – es besteht durchaus die Möglichkeit, noch eine Korrektur in der Weise anzubringen, wie ich sie zuerst genannt habe – eine Korrektur in die Richtung anbringen, daß die einzig mögliche Basis, die einzig mögliche Ebene, wo das Recht für solche Sicherheitsinstrumentarien sein soll, nur jene der Vereinten Nationen sein kann – nur und ausschließlich diese! Diese Möglichkeit besteht, wie gesagt, noch.


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