Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 174. Sitzung / 163

Entweder Sie agieren mit Achtung und Ehrfurcht vor den Tieren, dann muß das aber auch in den Gesetzen, und zwar in einem einheitlichen und höheren Standard zum Ausdruck kommen. Wie wollen Sie denn das erklären? – Die Beispiele sind ja erwähnt worden, daß man Tiere willkürlich verstümmeln darf, ihnen Gliedmaßen abschneiden darf. Es gibt ja nach wie vor so viele Ausnahmeklauseln! (Abg. Rauch-Kallat: Darf man nicht mehr! Darf man nicht mehr!) – Das darf man, das ist nach wie vor gestattet, wenn es – unter Anführungszeichen – "zum Wohl des Tieres" gereicht. Diese Bestätigung bekommen Sie leicht, wenn jemand Geld daran verdienen kann. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

Letztlich sind die Tiere in Ihren Augen eine Ware, weil eben damit im großen Stil Geschäfte gemacht werden. Da gibt es internationale Agrarlobbies, und das sind nicht die kleinen Bauern, denn diese haben gar nichts davon. Im Gegenteil: Die kleinen Bauern sind genauso die Leidtragenden wie die Konsumenten und die Tiere. Das ist eine Gesinnung, die hier zum Ausdruck kommt, und diese Gesinnung ist schlecht.

Ich verstehe aber auch die Sozialdemokratie nicht ganz, denn zum einen haben Sie von der SPÖ in manchen Materien gezeigt, daß Sie, wenn Sie wollen – Sie, die stärkste Fraktion in diesem Hause; jetzt auch durch die letzte Wahl wieder gestärkt als Nummer eins hervorgehoben –, sehr wohl handlungsfähig sind.

Wo ist denn aber Ihre Rolle als Nummer eins in Österreich, wenn es beispielsweise um den Tierschutz geht? – Es ist nicht damit getan, zu sagen: Im Prinzip wären wir dafür, vier Parteien sind dafür, aber der Koalitionspartner will nicht, er läßt uns nicht. Er hat die Raiffeisenorganisation im Rücken, er kann nicht, er darf nicht.

Ich frage Sie wirklich: Wo ist Ihre Macht, wo sind Ihre Mandate? – Vor allem jetzt, in der vorletzten Sitzungsperiode – ein Fristsetzungsantrag! Wovor haben Sie jetzt Angst, was soll denn jetzt passieren? Soll die Koalition aufgelöst werden, der Nationalrat aufgelöst werden? – Das passiert so und so! Und daß ansonsten in manchen Bereichen der Haussegen auch nicht ganz gerade hängt, haben wir heute bei der Neutralitätsdebatte ja auch gehört. Also was fürchten Sie denn jetzt? Wieso ist es jetzt denn nicht möglich zuzustimmen?

Wie gesagt: Das ist kein Entwurf der Grünen, kein freiheitlicher Entwurf, sondern ein Entwurf der Tierschützer, geprüft von Verfassungsjuristen, hieb und stichfest, aber er findet nicht Ihre Zustimmung. Warum denn nicht? (Abg. Schieder: O ja! Aber vertragsbrüchig würden wir werden!) – Vertragsbrüchig würden Sie werden? Und da nehmen Sie es eher in Kauf, daß Sie 600 000 Bürgerinnen und Bürgern sagen, Sie können Ihnen den Rücken herunterrutschen? (Ironische Heiterkeit des Abg. Mag. Schweitzer.)

Ist das eine Vertragstreue der Bevölkerung gegenüber – gerade von jener Partei, die den deutlichsten Vertrauensvorschuß bekommen hat?! – Sie haben es ja gezeigt: Wenn es um andere Bereiche der Machtpolitik geht, etwa um Zahnkronen oder um die Bank-Austria-Anteile, dann kann die österreichische Sozialdemokratie kämpfen. Aber für ein paar Tiere, für ein paar "Viecher" und ein paar Menschen, die sich dafür interessieren, haben Sie Ihr Gewicht der Macht noch nicht in die Waagschale geworfen, und das ist traurig und bedauerlich. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

18.45

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Ich bitte, die Plätze einzunehmen, denn wir kommen jetzt zur Abstimmung über den eingebrachten Fristsetzungsantrag.

Abstimmungsgegenstand ist der Antrag des Abgeordneten Dr. Salzl, dem Verfassungsausschuß zur Berichterstattung über das Volksbegehren zur Schaffung eines Bundes-Tierschutzgesetzes, 171 der Beilagen, eine Frist bis 12. Juli 1999 zu setzen.


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