Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 174. Sitzung / 213

Von etwa 77 Anliegen, die von Abgeordneten oder auch von Menschen, die zu Hunderten ihre Unterschrift für diese Anliegen gegeben haben, eingebracht wurden, sind etwa ein Drittel sozusagen im parlamentarischen Nirwana verschwunden. Von 14 hat man Abstand genommen, wobei da wiederum interessant ist, daß davon hauptsächlich solche Bürgerinitiativen und Petitionen betroffen waren, die von der FPÖ eingebracht wurden. Von 9 Bürgerinitiativen und Petitionen kann man sagen, daß sie verfallen sind, und 4 geistern irgendwo in den Ausschüssen herum. Daher kann man heute sagen, daß etwa gut ein Drittel dieser wichtigen Anliegen der Bürger, aber auch der Parlamentarierkollegen – vor allem wenn es darum geht, daß Freiheitliche sie eingebracht haben –, ganz einfach nicht behandelt werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Jetzt möchte ich mich – ich sehe, daß Sie, Frau Kollegin Fuchs, als Ausschußvorsitzende hier sehr aufmerksam herunterschauen – auch ein bißchen mit der Ursache dieser Konkurserklärung beschäftigen. Frau Kollegin Fuchs, ich habe das noch nicht erlebt! Ich bin jetzt das siebente Jahr Mitglied in diesem Hohen Haus und war in zahlreichen Ausschüssen tätig. In diesen Ausschuß bin ich als Ersatz für einen Kollegen hineingekommen. Ich habe dort meinen Augen und Ohren nicht getraut: Jedesmal, wenn Ausschußsitzungen stattfanden, hatte man das Gefühl, daß man sich in einem Kaffeekränzchen befindet, in dem von vornherein Wertungen nach ideologischen Gesichtspunkten vorgenommen werden, Frau Kollegin Fuchs, und man hatte gegenüber der Ausschußvorsitzführung das Gefühl, daß man es mit der Obertante eines Kaffeekränzchens zu tun hat. (Widerspruch bei der SPÖ.)

Das ist für mich eine traurige Erkenntnis, Frau Kollegin Fuchs! Ich kann Ihnen sagen: Holen Sie sich einmal eine Anleitung bei Ihren Kollegen in anderen Fraktionen, wie man eine Vorsitz-führung gestaltet! (Zwischenruf der Abg. Fuchs.) Mag sein, daß das in Ihren Ohren so klingt, Frau Kollegin Fuchs. Ich habe es Ihnen schon einmal gesagt: Dinge, die Sie mir vorwerfen, kratzen mich nicht, Frau Kollegin Fuchs! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Hohes Haus! Ich halte es auch für wichtig, ein Beispiel zu zitieren, aus dem hervorgeht, warum ich sage, daß die Initiativen der Freiheitlichen möglicherweise der Einheitspartei SPÖ-ÖVP lästig und bei ihr nicht beliebt sind, während andere wiederum – es gibt hier beispielsweise eine Petition des Herrn Kollegen Khol und aller anderen ÖVP-Abgeordneten – eigentlich völlig unnötig sind.

Wenn Herr Kollege Khol eine Petition einbringt, in der er sich gegen die Verbürokratisierung des Vereinslebens ausspricht, dann muß ich sagen: Er hätte besser daran getan, den Minister anzurufen. Schließlich ist Herr Kollege Khol Klubobmann der ÖVP, die gemeinsam mit der SPÖ in der Regierung sitzt. Er braucht deswegen nicht den Petitionsausschuß zu strapazieren, weil er Herrn Minister Michalek angreifen möchte, weil dieser wiederum eine Novelle oder eine Vorbereitung zur Änderung des Vereinsrechts vornehmen möchte. Eine reine Briefkastenfirma sollte der Petitionsausschuß sicherlich nicht sein, derart, daß darüber stille Post zum Minister gespielt wird. Wir Freiheitliche lassen das auf keinen Fall zu, verehrte Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Genauso wichtig scheint mir die Feststellung zu sein, daß beispielsweise Kollegen in diesem Ausschuß anläßlich der letzten Sitzung festgestellt haben – ich würde sagen: in der großen Kaffeekränzchensitzung –, daß es überhaupt keinen Sinn macht, Petitionen und Bürgerinitiati-ven Ausschüssen zuzuweisen, da ja, pauschal gesagt, ohnedies keine mehr tagen. Man hat dann ein paar – drei oder vier – ausgesucht, und den Rest läßt man verfallen. (Abg. Fuchs: Sie haben es noch immer nicht erfaßt ...!)

Ich glaube, das spricht Bände über den moralischen Verfall. Ich sage es ganz offen: Ich möchte hier diese Person nicht namentlich nennen, weil ich sie wirklich nicht beleidigen möchte und sie an und für sich sehr schätze. Ich meine aber, daß es nicht richtig ist, einen Redebeitrag zu liefern und zu sagen: Wir Parlamentarier brauchen das nicht mehr zu behandeln, denn wer wird schon vor Ende der Gesetzgebungsperiode, kurz vor Neuwahlen, unpopuläre Gesetze beschließen wollen? – und das unter der Obhut der Frau Vorsitzenden Fuchs!


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