Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 175. Sitzung / 63

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. – Bitte.

11.01

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Dr. Stummvoll! Sie haben ein sehr schönes Schwein mitgebracht, und jetzt nehmen Sie es wieder mit – das ist ein Jammer!

Ich habe für Herrn Dr. Stummvoll auch etwas mitgebracht. (Der Redner hält die leere Rückseite eines Sitzplanes des Nationalrates in die Höhe – Heiterkeit – Abg. Steibl: Haben Sie gedacht, Sie bekommen heute ein Taggeld?) – Ja, vor allem die Tausender, die in dem Schwein stecken, würden mich sehr interessieren. Aber es ist egal.

Ich habe Ihnen auch etwas mitgebracht (der Redner hält neuerlich den Sitzplan in die Höhe – lebhafte Heiterkeit) – das ist, glaube ich, eine Art von Aktionismus, die der Präsident auch bei Grünen noch durchgehen läßt. (Abg. Dr. Höchtl: Das ist der "Ideenreichtum" der Grünen! – Neuerliche Heiterkeit.) Man könnte natürlich schon etwas draufschreiben. (Abg. Auer: Das ist der Sitzplan!) Es ist der Sitzplan von hinten. (Ruf bei der ÖVP: Da sind nur die Hinterbänkler drauf!) Ich habe eine kleine Zahl draufgeschrieben: "40 Milliarden Schilling" – für den Fall, daß Sie es nicht lesen können. (Abg. Mag. Haupt: Das ist sehr klein!) Das ist sehr klein, ja, das macht aber nichts. Das soll einen Scheck darstellen. Wir schreiben dann drauf: Wien, Datum, Unterschrift: Van der Bellen. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Damit dann auch klar ist, an wen diese Summe geht, schreiben wir "Dr. Stummvoll" drauf. Van der Bellen schuldet Dr. Stummvoll 40 Milliarden Schilling – mit diesem stilisierten Scheck. Wie würden Sie solch einen Scheck nennen? – (Ruf bei der ÖVP: Ungedeckt bei Ihnen!) Ungedeckt, sehr richtig! (Lebhafte Heiterkeit und Beifall bei den Grünen, den Freiheitlichen und beim Liberalen Forum.) Kein Mensch würde von mir solch einen Scheck annehmen.

Zu dem, was uns Herr Dr. Stummvoll hier vorgetragen hat, muß ich schon sagen: Eines der Probleme dieser Steuerreform ist, daß sie einen ungedeckten Scheck darstellt. Heute teilen Sie die Wohltaten aus, die wir im nächsten Jahr mit dem Budget 2000 finanzieren müssen. Darüber schweigen Sie sich aber völlig aus.

Es mag schon sein, daß das ein großes Steuersenkungsprogramm ist, ja. 20 Milliarden plus Familienprogramm, 30 bis 35 Milliarden sind ein großes Steuersenkungsprogramm. (Abg. Tichy-Schreder: Na immerhin sagen Sie das! Danke für die Bestätigung! Sie sind wenigstens in dieser Richtung ehrlich!) Die Frage ist nur: Warum nicht 50 Milliarden, warum nicht 100 Milliarden? Drucken wir das Geld seit neuestem, meine Kolleginnen und Kollegen von der Volkspartei und von den Sozialdemokraten?

Von den Wohltaten, die Sie hier ausschütten, würde ich einige durchaus unterschreiben; im Detail kann man sich immer streiten. Die Tarifreform ist von der Idee her in Ordnung – nur hätten wir sie anders gemacht. Die Begünstigungen der Lehrlinge, die Erhöhung des Forschungsfreibetrages, die bessere Absetzbarkeit von Bildungsausgaben – das hätten wir im Detail anders gemacht, aber vom Grundsätzlichen her kann man das alles unterschreiben. Nur: In Summe gesehen muß man doch auch dazusagen, wie diese Wohltaten im Jahre 2000 finanziert werden.

Ich bin nicht allein mit dieser Sorge. Jeder, der die monatlichen Berichte des Wifos studiert oder sie am Computer abfrägt, weiß, daß das Wifo schlagartig seine Defizitprognose für das Jahr 2000 aufgrund des voraussichtlichen Steuerreformprogramms erhöht hat. Das Wifo hält derzeit bei 2,5 Prozent des BIP für das Jahr 2000. Das Ziel laut Stabilitätsprogramm der Bundesregierung – nicht der Grünen, der Bundesregierung – war 1,7 Prozent des BIP. Das allein sind 20 Milliarden. Dabei ist noch gar nicht berücksichtigt, daß ich persönlich nicht glaube, daß 2,5 Prozent eine realistische Schätzung sind, wenn man alle anderen Effekte noch berücksichtigt.

Ich komme da locker auf den Betrag, den ich auf diesem ungedeckten Scheck eingetragen habe, auf diesem Scheck, den Sie von mir nicht annehmen würden. Ich komme auf jene 40 Mil


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